Salt of the Earth (Salz der Erde)
Spielfilm, US 1954, Schwarzweiß, 92 min., eOV
Diagonale 2018
Regie: Herbert Biberman
Buch: Michael Wilson
Herbert Bibermann
Darsteller:innen: Rosaura Revueltas, Will Geer, David Wolff, David Sarris, Merwin Williams, Juan Chacon
Kamera: Simon Lazarus
Musik: Sol Kaplan
Zwei Streikfilme: In Salt of the Earth
kämpfen mexikanische Minenarbeiter
für die gleichen Rechte wie ihre
amerikanischen Kollegen. Als ihnen
polizeilich verboten wird, Streikposten
aufzustellen, führen die Frauen
den Protest weiter. Biberman
konnte seinen Film nur unter großen
Schwierigkeiten und gegen den Boykott
von Behörden, Kopierwerken,
Gewerkschaften, Kinobetrieben und
Zeitungen realisieren und öffentlich
aufführen. In seiner kompromisslosen
Engführung von Arbeitskampf
mit Rassismus und aufkeimender
Frauenemanzipation bleibt Salt of
the Earth bis heute unerreicht. Im
Kontrast dazu Österreich im Mai
1978: In der Semperit-Reifenfabrik in Traiskirchen dokumentieren Josef
Aichholzer und Ruth Beckermann
den einzigen mehr als dreiwöchigen
Streik seit Kriegsende.
Auf amol a Streik!
Die Story lieferte ein ungewöhnlicher Streik,
der gerade in New Mexico im Gang war: Die „New
Jersey Zinc“ wurde von der Ortsgruppe der „Internationalen
Gewerkschaft der Minen-, Hochofen- und
Hüttenarbeiter“, einer der elf ausgeschlossenen
Gewerkschaften, bestreikt. Nach acht Monaten
hatte die Gesellschaft versucht, den Streik mit dem
Taft-Hartley-Gesetz zu brechen. Den Bergleuten
wurde verboten, Streikposten aufzustellen. Daraufhin
bezogen die Frauen, für die das Verbot keine Geltung
hatte, die Posten.
(Aus dem Filmladen-Katalog vom November 1982)
Der Film war nicht zufällig die Nummer eins im
Verleihprogramm. Die völlig fremde Gegend in New
Mexico, in der der Film angesiedelt ist, und die oft
archaisch anmutenden Abhängigkeitsverhältnisse
der Arbeiter und deren Umgang mit ihren Frauen werfen
ein umso klareres Licht auf die uns scheinbar so
bekannten eigenen Lebensverhältnisse. Die Erzählperspektive
ist überwiegend jene von Esperanza, die
sich aus ihrer Rolle als Frau und Mutter durch den
Streik zu lösen beginnt. Es ist eine jener schmerzhaften
Liebesgeschichten, die die Entwicklung von
Menschen zeigen, die sich aus alten, traditionellen
Rollenzuschreibungen loszulösen beginnen. Die Veränderung
in Gestik und Mimik Esperanzas, großartig
von Rosaura Revueltas imaginiert, erzählt von ihren
inneren Widersprüchen. Man ist verführt zu sagen,
man fühlt die Seele in der Bewegung dieser starken
Frau. Neben dieser sinnlichen Qualität ist der
Film auch Beispiel für einen jener Gebrauchsfilme,
wie sie damals unter dem Eindruck der Althusser-Lacan’schen
Apparatustheorie diskutiert wurden.
Dabei wird dem Kino eine zentrale Stelle in der Ideologieproduktion
zugewiesen und auch die Traumfabrik
Hollywoods unter diesem Aspekt gesehen. Die existenzgefährdende
Zensur in der McCarthy-Ära und
die prekäre Produktionsgeschichte unterstreichen
die Bedeutung des Films für ein anderes Verständnis
von Unterhaltung und Ideologie.
Lösen wir das Bild der gegen seine Frau erhobenen
Hand des Mannes aus dem narrativen Kontext,
wird es reine Gegenwart, das Zukunft antizipieren
lässt.
(Katalogtext, Franz Grafl)