Diagonale
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Der Trafikant
Spielfilm, AT 2017, Farbe, 113 min., OmeU
Diagonale 2019

Regie: Nikolaus Leytner
Buch: Nikolaus Leytner, Klaus Richter
Darsteller:innen: Simon Morzé, Bruno Ganz, Johannes Krisch, Emma Drogunova, Regina Fritsch
Kamera: Hermann Dunzendorfer
Schnitt: Bettina Mazakarini
Originalton: Max Vornehm
Musik: Matthias Weber
Sounddesign: Mario Hubert
Szenenbild: Bertram Reiter
Kostüm: Caterina Czepek
Produzent:innen: Jakob Pochlatko, Dieter Pochlatko,Ralf Zimmermann, Timm Oberwelland
Produktion: epo-film produktionsges.m.b.H.
Koproduktion: GloryFilm GmbH (DE) Tobis Film (DE)

 

Kurz vor dem sogenannten „Anschluss“ Österreichs beginnt der Provinzbub Franz seine Lehre in der Trafik von Otto Trsnjek in Wien. Dort freundet er sich mit Sigmund Freud (Bruno Ganz in einer seiner letzten Rollen) an, mit dem er fortan sein Liebesleid bespricht. Der Trafikant, der auf dem gleichnamigen Bestseller von Robert Seethaler basiert, erzählt von den Verwirrungen der ersten Liebe und den Nöten des Erwachsenwerdens am Vorabend des Nationalsozialismus.

„Faulige Zeiten sind das“, wird der 17-jährige Franz Huchel (Simon Morzé) am Wiener Bahnhof von einer alten Frau begrüßt. Er steigt gerade aus dem Zug, der ihn vom heimischen Idyll am Attersee in die dreckige Großstadt gebracht hat, um einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen. Der Bursch rümpft zwar die Nase, aber noch weiß er nicht, dass diese düstere Prophezeiung aus dem Mund der Schauspielerin Erni Mangold sich wenig später bewahrheiten wird. Man schreibt das Jahr 1937, Österreich steht kurz vor dem Anschluss an das Deutsche Reich, und die Nationalsozialisten haben allerorts sichtbar das Regiment übernommen. In dieser unheilversprechenden Umgebung fängt Franz als Lehrling in der Trafik von Otto Trsnjek an. Dort lernt er nicht nur die Geheimnisse um Zigarren und „zärtliche Magazine“ kennen, sondern macht auch Bekanntschaft mit Sigmund Freud, dessen Rat er sucht und mit dem er sich nach und nach anfreundet.
Die Zuschauer/innen begleiten den naiven Provinzbuben bei seiner erstaunlichen Metamorphose zum mutigen Verteidiger von Freiheit und Demokratie. Johannes Krisch als einbeiniger Trafikant sorgt dabei für seine Bildung – er hält ihn dazu an, jeden Tag alle Zeitungen zu lesen – und für die Schärfung seiner Menschenkenntnis. Bruno Ganz als Freud lehrt den jungen Mann, wie es um den Zusammenhang von Liebe, Libido und Träumen steht. Diese suchen Franz immer wieder heim und fügen dem so leichtfüßig anmutenden Film in ihrer geheimnisvollen Metaphorik auch visuell eine weitere, poetische Ebene hinzu. Natürlich sorgt eine Frau, die Böhmin Anezka (Emma Drogunova), für reichlich Liebesleid bei Franz. Doch der junge Trafikant nimmt sich den Rat des berühmten Psychoanalytikers zu Herzen, der ihm sagt: „Hol sie zurück oder vergiss sie.“ Als jedoch die Nationalsozialisten, denen Trsnjek und seine linke Stammkundschaft ein Dorn im Auge sind, an Macht gewinnen, nehmen die dramatischen Ereignisse ihren Lauf und zwingen Franz dazu, Stellung zu beziehen. Beherzt tritt der junge Trafikant für die Menschlichkeit ein, die ihm einst entgegengebracht wurde. Als Coming-of-Age-Geschichte im historischen Gewand erzählt der auf dem gleichnamigen Bestseller von Robert Seethaler basierende Film anrührend und aufwühlend von den Verwirrungen der ersten Liebe und den Nöten des Erwachsenwerdens inmitten einer Zeit, in der Zivilcourage und Mitgefühl nicht mehr zu den Grundwerten zählen.
(Katalogtext, ast)

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