Spieler
Dokumentarfilm, AT 2014, Farbe, 70 min., OmeU
Diagonale 2014
Regie: Katharina Copony
Buch: Katharina Copony, Hannes Held
Darsteller:innen: mit: Rustem Saparov aka puma23 xxxx
Kamera: Stefan Neuberger
Schnitt: Stefan Stabenow
Originalton: Sebastian Kleinloh
Sounddesign: Alexander Buck, Kuen Il Song
Produzent:innen: Michael Kitzberger, Wolfgang Widerhofer, Nikolaus Geyrhalter, Markus Glaser
Produktion: NGF Nikolaus Geyrhalter Filmproduktion
Spieler folgt dem Alltag des 25-jährigen Rustem, der seit acht Jahren sein Geld mit Onlinepokern verdient. Mal mehr, mal weniger. Doch Spieler ist weder Gewinnerporträt noch kanonisierte Glücksspielkritik. Vielmehr gelingt Katharina Copony eine filmische Übersetzung der eigenwilligen Routinen an virtuellen und realen Casinotischen – für ein Spiel, das sich in den eigenen Alltag und das Leben einschreibt. Allein gegen alle.
www.geyrhalterfilm.comFilmgespräch mit Katharina Copony, Rustem Saparov und Team; Screening am 21.3.: OmeU, am 23.3.: OmdU
Katalogtext Diagonale 2014:
Rustem ist 25 Jahre alt und lebt vom Spielen. Nach der klassischen Konsolenspiele-Karriere der Adoleszenz – „Street Fighter“, „Quake“, „Counter Strike“ – ist der russische Wahlberliner beim Onlinepoker gelandet. Bis zu 100.000 Dollar hat er bereits an virtuellen Spieltischen verdient – vor dem Laptop im verdunkelten Wohnraum, isoliert und ganz für sich. Mit Glück habe das Gewinnen weniger zu tun, vielmehr mit einem guten Gespür
für Zahlen und Wahrscheinlichkeiten. Und freilich mit gesundem Selbstvertrauen: Wer nicht von der eigenen Überlegenheit am Pokertisch überzeugt ist, braucht sich gar nicht erst zu setzen – oder einzuloggen.
Katharina Copony begleitet Rustems ungewöhnlichen Alltag zwischen momenthaftem Glamour und Klischee, zwischen schnell erspielten Geldsummen, Mikrowellenburger und Feierabend-Longdrink. Mehr und mehr artikuliert sich dabei die Sehnsucht, in die Öffentlichkeit zu treten – den Schein des Laptops gegen das Blitzlichtgewitter der großen Vegas-Meisterschaften einzutauschen und den (vorwiegend männlichen) Konkurrent/innen im Moment des Triumphs in die Augen (oder in die verspiegelten Sonnenbrillengläser) blicken zu können. Mit Rustem taucht somit auch der Kamerablick in die reale Pokerwelt ein – in verrauchte Hinterzimmer und sterile, artifiziell dekorierte (Provinz-)Casinos. Immer wieder streift er dort über gigantische Tischensembles, fokussiert das Ballett der Karten und die forciert neutralen Bewegungsabläufe der Kontrahent/innen beim Austausch von Jetons und Vermögen. Dabei geht es Copony weder um ein sensationsgieriges Gewinnerporträt noch um kanonisierte Glücksspielkritik. Vielmehr findet sie eine filmische Übersetzung für die eigenwillige Routine und Emotionslosigkeit in den virtuellen und den realen Pokerhallen – für ein Spiel, das sich in den eigenen Alltag einschreibt und immer weitergeht, egal ob man den Final Table als Verlierer oder Gewinner verlässt.
Über die poetische Offerzählung vermittelt Copony die Geschichte eines Spielers, die nicht zwingend jene von Rustem bleiben muss. Es ist die Erzählung von einem Leben in Gemeinschaft, in der jede/r doch für sich agiert. Wenn die Kamera in die Computerwelten von „Mafia 2“ zoomt, verschwimmt die virtuelle Realität des Avatars mit der Wirklichkeit Rustems: Allein gegen alle. Immer im Spiel. (red)