Diagonale
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Wald
Spielfilm, AT 2023, Farbe, 100 min., OmeU
Diagonale 2024

Regie, Buch: Elisabeth Scharang
Darsteller:innen: Brigitte Hobmeier, Gerti Drassl, Bogdan Dumitrache, Johannes Krisch u.a.
Kamera: Jörg Widmer
Schnitt: Alarich Lenz
Originalton: William Edouard Franck
Musik: Hania Rani
Sounddesign: Veronika Hlawatsch
Szenenbild: Nina Salak
Kostüm: Carola Pizzini
Weitere Credits: Mischung: Manuel Grandpierre
Produzent:innen: Michael Katz, Veit Heiduschka
Produktion: Wega Filmproduktion

 

Marian (Brigitte Hobmeier) kehrt ins Haus ihrer verstorbenen Großmutter im Waldviertel zurück. In der Einsamkeit der Natur möchte sie wieder Fuß fassen, doch der Ort ihrer Kindheit wird für sie zu einem der Konfrontation, nicht nur mit den Leuten aus dem Dorf, sondern auch mit sich selbst. Elisabeth Scharang hat sich für ihr modernes Heimatdrama von Doris Knechts gleichnamigem Roman inspirieren lassen. Eine Entwicklungsgeschichte über das Vergeben als emotionaler Kraftakt.

Eine Frau mit nacktem Oberkörper, gerade aus einem eiskalten See aufgetaucht, brüllt aus Leibeskräften. Die nassen Haare hängen ihr ins von Wut und Verzweiflung gezeichnete Gesicht. Ein verstörendes erstes Bild. Was ist geschehen?

Ein längerer Rückblick liefert zunächst Hinweise, danach Gewissheit. Marian (Brigitte Hobmeier) ist aus Wien ins Waldviertel gereist. Ein verlassener, muffiger Bauernhof ist das Ziel. Auf dem Tisch werden Familienbilder ausgebreitet. Das Handy kann Marian beim Dorfwirt aufladen, ihrem in Sorge nachgereisten Freund (Bogdan Dumitrache) erklärt Marian, dass er wieder verschwinden soll, denn sie werde „nur für ein paar Tage“ bleiben. Doch man ahnt, dass das nicht stimmt. Tatsächlich hat die Vergangenheit die Heimkehrerin nämlich bereits eingeholt: Die Nachbarin Gerti (Gerti Drassl), eine Jugendfreundin, wie sich herausstellt, reagiert barsch auf Marians Rückkehr, und mit Franz (Johannes Krisch), einem Bekannten von früher, gibt es ebenfalls eine alte Geschichte zu klären.

Wald basiert auf dem gleichnamigen Roman von Doris Knecht, doch aus der von der Finanzkrise gebeutelten Bobo-Aussteigerin ist im Kinofilm eine traumatisierte Frau geworden, die sich nicht mehr unter Menschen traut. Die sich in die Einsamkeit begibt, um wieder zurück in ein neues Leben zu finden.

Kameramann Jörg Widmer übersetzt diese Sinnsuche in perfekt komponierte Stimmungsbilder: Schwach bricht das späte Herbstlicht durch die Wolken, in kaltem Weiß leuchtet der Schnee auf den Feldern, in düsterem Gelb wirkt die Gaststube so feindselig wie die Landsmänner am Stammtisch. Wenn Marian durch den Wald joggt, verfolgt sie die Kamera wie eine Flüchtende. Wenn sie die vom Holzhacken erfrorenen Finger in eine Schüssel mit warmem Wasser taucht, kann man die Schmerzen in den Knochen förmlich spüren.

Elisabeth Scharang erzählt in einer Enthüllungsgeschichte im Gewand eines modernen Heimatfilms vom Verlust aller sichernden Konzepte, die sich plötzlich als Illusion erwiesen haben. Freund:innen, Beziehung, Beruf, Erfolg – all das ist nichts mehr wert. Die Bewältigung der Vergangenheit, der eigenen Familiengeschichte und jener des Dorfes, in dem Marian zur Fremden geworden ist, erinnert an ein großes Aufräumen und Abschließen. Am Ende geht es für alle darum, verzeihen zu können. (Michael Pekler)

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