Diagonale
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Die Farbe des Chamäleons
Spielfilm, AT 2020, Farbe, 96 min., OmeU
Diagonale 2021

Regie, Buch: Jürgen Klaubetz
Darsteller:innen: Artjom Gilz, Canan Samadi, Katrine Eichberger, Vinzenz Wagner
Kamera: Jakob Creutzburg
Schnitt: Sara Schober
Originalton: Nikolas Mühe, Mariusz Orchel
Musik: Victor Gangl
Sounddesign: Mariusz Orchel
Szenenbild: Antoinette Höring
Kostüm: Carola Pizzini
Produzent:innen: Jürgen Klaubetz, Steffen Baermann, Jakob Creutzburg, Johannes Reschl, Thomas Bischof, Florian Brandt, Katrine Eichberger
Produktion: Feiner Film Kunst Verein

 

Paul sucht sein Glück in fremden Taschen, die er wahllos unbekannten Menschen klaut. Anschließend taucht er in deren Leben ein und nimmt darin radikale Eingriffe vor. Die Farbe des Chamäleons beschreibt eine interessante Versuchsanordnung, die um die Frage kreist, ob man jemanden zu seinem Glück zwingen kann. Überraschend und mit etlichen unvorhersehbaren Wendungen erzählt Jürgen Klaubetz’ Regie- und Drehbuchdebüt von Pauls turbulenter Identitäts- und Glückssuche.

Paul sucht sein Glück in fremden Taschen. Oder zumindest irgendeinen Anhaltspunkt dafür, denn nach dem Suizid seines besten Freundes ist er mit dem fehlenden Sinn in seinem eigenen Leben konfrontiert. Aus dem Drang, das zu ändern und einen neuen Weg zu finden, klaut Paul in unbeobachteten Momenten wahllos Rücksäcke, Beutel, Taschen un-bekannter Menschen auf der Straße, in öffentlichen Toiletten oder Parks. Anschließend taucht er in deren Leben ein und nimmt darin radikale Eingriffe vor. So trifft er auf die erfolgreiche Managerin Katrin, die sich mit Alkohol und Sex betäubt, um ihren Alltag am Laufen zu halten, oder auf die schüchterne Künstlerin Anna, die ihren Lebensunterhalt lieber in einem Landgasthof verdient, als jemandem ihre Kunstwerke zu zeigen. Auf der Suche nach dem Rezept für ein erfülltes Dasein zwingt Paul die Bestohlenen durch seine Einmischung, ihr Leben neu zu ordnen und sich von ihren Zwängen zu befreien. Dabei merkt er nicht, welchen Einfluss die beiden Frauen längst auf sein eigenes Leben haben.
Die Farbe des Chamäleons beschreibt eine inte­ressante Versuchsanordnung, die um die Frage kreist, ob man jemanden zu ihrem/seinem Glück zwingen kann oder nicht. Artjom Gilz spielt den Protagonisten Paul Stern, einen erfolglosen Marketingspezialisten für Hundefutter, der traurig und voller Wut den Tod seines Freundes Karl verarbeiten muss. Statt die Lösung in Selbstreflexion zu suchen, vertraut Paul darauf, Lösungen im Leben anderer zu finden. Auf seiner Glückssuche, die er wie ein Spiel betreibt, fehlt ihm zunächst der Mut, im eigenen Leben Farbe zu bekennen, und er passt sich an sein Umfeld an wie das titelgebende Tier. Der verstorbene Karl (Vinzenz Wagner) begleitet Paul als imaginärer Gegenpart, der das Handeln seines Freundes sowohl antreibt als auch kritisch hinterfragt. Bedeutet Glück eine erfolgreiche Karriere oder doch eher ein finanziell bescheidenes Leben in Zurückgezogenheit mit Fokus auf die eigene Passion? Wie verändern Liebe und Begehren die Bedingungen dieses Spiels? Überraschend und mit etlichen unvorhersehbaren Wendungen erzählt Jürgen Klaubetz’ Regie- und Drehbuchdebüt von Pauls turbulenter Identitäts- und Glückssuche. Malerische Aufnahmen der unberührten steirischen Berglandschaft setzen nachdenkliche Ruhe- und Kontrapunkte zum atemlosen Stadtleben in Wien. Ein Film, der die Schwere der Existenz spürbar macht, die auf denjenigen lastet, die der Vorstellung eines erfüllten Lebens hinterherjagen, vor allem aber ein Film, der die Leichtigkeit nach dem Loslassen von fixen Lebenskonzepten feiert.
(Katalogtext, ast)