Fuchs im Bau
Spielfilm, AT 2020, Farbe, 103 min., 08.06. dOF/12.06. OmeU
Diagonale 2021
Regie, Buch: Arman T. Riahi
Darsteller:innen: Aleksandar Petrović, Maria Hofstätter, Luna Jordan, Andreas Lust, Sibel Kekilli, Karl Fischer, Lukas Watzl, Faris Rahoma, Adriano Bonamore, Michaela Schausberger, Anica Dobra, Ljubiša Grujčić, u. a.
Kamera: Mario Minichmayr
Schnitt: Karina Ressler, Joana Scrinzi
Originalton: Atanas Tcholakov
Musik: Karwan Marouf
Sounddesign: Nils Kirchhoff
Szenenbild: Martin Reiter
Kostüm: Monika Buttinger
Produzent:innen: Arash T. Riahi, Karin C. Berger
Produktion: Golden Girls Film
Hannes Fuchs’ (Aleksandar Petrović) neue Stelle als Lehrer in einer Jugendhaftanstalt gestaltet sich konfliktreicher als befürchtet: Er muss sich nicht nur mit pubertierenden Häftlingen auseinandersetzen, sondern auch mit Kollegin Elisabeth Berger (Maria Hofstätter), die hier mit unkonventionellen Methoden Regiment führt. Mit brillantem Cast inszeniert Arman T. Riahi einen nuancierten Film über Courage, Coming-of-Age und die Kraft von Bildung unter erschwerten Bedingungen.
Die Pinsel sind abgezählt, das Klassenzimmer mehr karg denn inspirierend. Inmitten des tristen Alltags hinter Gittern ist die Schule der Haftanstalt vielleicht der einzige Ort, an dem die jugendlichen Straftäter/innen zumindest vorübergehend auf andere Gedanken kommen. Mit unkonventionellen Methoden führt Elisabeth Berger hier Regiment – und mischt sowohl die Insass/innen als auch das Personal der Justizwache auf. Rechtschreibung und Mathematik stehen bei ihr nicht an erster Stelle, lieber begegnet sie aufmüpfigen Häftlingen mit Kunstunterricht, schlagfertigen Kommentaren oder unerlaubten Exkursionen in die Haftküche. Als der Lehrer Hannes Fuchs seinen Dienst antritt, muss er sich zunächst mit Berger auseinandersetzen, die dem Neuen das Feld nicht ohne Weiteres überlassen will. Zumal es unter Fuchs’ Aufsicht zu einem sexuellen Übergriff auf die 16-jährige Samira kommt, die in einer Prügelei und schließlich in der Isolationshaft des Mädchens mündet. Fuchs beginnt das Vertrauen der introvertierten Insassin zu gewinnen – Traumatisierungen aus der Vergangenheit brechen sich Bahn.
Nach der Antiintegrationskomödie Die Migrantigen schlägt Regisseur Arman T. Riahi eine neue Tonalität an, die mit Klischeevorstellungen vom österreichischen Film bricht und außer auf die bemerkenswerte visuelle Inszenierung auch auf den treibenden Soundtrack von Karwan Marouf setzt. Als ungleiches Lehrer/innenduo brillieren darin Aleksandar Petrović und Maria Hofstätter (Großer Diagonale-Schauspielpreis 2013) neben Andreas Lust als intrigantem Wachebeamten und Sibel Kekilli als engagierter Sozialarbeiterin. Zuvorderst aber begeistern die noch unbekannten Jungdarsteller/innen – etwa die grandiose Luna Jordan in der Rolle der Samira.
Inspiriert von den Erfahrungen des ehemaligen Gefängnislehrers Wolfgang Riebniger erzählt Fuchs im Bau eindrücklich vom herausfordernden Versuch, jungen Straftäter/innen durch Bildung eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Voller Empathie blickt der Film auf die jungen Delinquent/innen, die alle einsitzen, weil sie in der Welt draußen nicht funktioniert haben. Manche von ihnen sind vorlaut, einige aggressiv, andere introvertiert oder aufmerksamkeitsbedürftig – und sie alle stecken in der Pubertät. Fuchs im Bau ist ein Film, der die Schwächen der Haft- und Arbeitsbedingungen im Strafvollzug offenlegt und dabei auf klassische Schwarz-Weiß-Schemata verzichtet. Ein nuancierter Film über Courage, Coming-of-Age und die Kraft von Bildung unter erschwerten Bedingungen.
(Katalogtext, ast)
Arman T. Riahi (stellt sich) bei dieser Unternehmung durchweg in den Dienst seines Ensembles (…) und überzeugt im Reichtum der Facetten – ohne angestrengte Suspense, aber voller gefährlicher Stillen.
(Auszug aus der Jurybegründung
Max Ophüls Preis 2021: Beste Regie)