Diagonale
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Bitte warten
Dokumentarfilm, AT 2020, Farbe, 86 min., 09.06. OmeU/11.06. OmdU
Diagonale 2021

Regie, Buch, Kamera, Originalton: Pavel Cuzuioc
Darsteller:innen: Ghenadie Mardari, Oleg Chumak, Ionut Fotin, Marius Marcovici, Georgi Tcholakov
Schnitt: Samira Ghahremani
Sounddesign: Atanas Tcholakov
Weitere Credits: Farbkorrektur: Andi Winter Graphics & SFX: Denis Bartenev
Produzent:innen: Pavel Cuzuioc
Produktion: Pavel Cuzuioc Filmproduktion

 

Von Haushalt zu Haushalt fahrend, lösen Kabeltechniker kleinere und größere Probleme. Gelegentlich jedoch bleibt Zeit für einen persönlichen Kontakt, einen Wodka, Sinnieren über das Menschsein an sich. Pavel Cuzuioc hat einige jener Dienstleister auf ihren Wegen durch Bulgarien, Rumänien, Moldawien und die Ukraine begleitet. Entstanden ist ein kurzweiliger Ausflug in diverse Mikrokosmen: verwunschene Häuser im Wald, Wohnzimmer von aufgeschreckten Damen, Stuben von engagierten Bastlern.

Fast verschwinden die Kabel hinter der explodierenden Fauna. Es ist Sommer in Osteuropa, und Pavel Cuzuioc ist unterwegs in Bulgarien, Moldawien, Rumänien und der Ukraine. Alles soll verdrahtet und verbunden werden, das Internet verspricht Zukunft, HD-Fernsehen vielleicht keine besseren Nachrichten, aber immerhin ein schärferes Bild. Mit einiger Komik treffen Techniker und Kund/innen in Bitte warten aufeinander, begegnen sich Dorf und Fortschritt, tuckern über unbefestigte Straßen mit Hühnern beladene Fahrzeuge, von denen Händler/innen über Lautsprecher die Tiere anpreisen wie Eisverkäufer ihre süße Ware.
Man hat dem Regisseur Einlass gewährt. In Häuser, die wenig pompös sind, aber eigen. Auch in persönliche Geschichten. Eine ältere Dame berichtet von einem blutigen Vorfall, einem Mord, und wundert sich, was mit den Leuten heutzutage eigentlich los ist. Ein Mann erzählt von seinem Sohn, süchtig nach Heroin, der vor einer Weile verstorben ist. Mit schwerem Geschütz habe man versucht, ihn wieder auf die richtige Bahn zu bringen – Polizei, Priester. Vergeblich. In einem schönen, aber chaotischen Haus, das inmitten eines Waldes zu liegen scheint, hat sich eine junge Frankokanadierin mit ihrem ukrainischen Ehemann niedergelassen. Bitte warten ist intim, ohne ungeniert zu sein. Man bekommt nichts zu sehen, womit die Kabeltechniker nicht auch zu tun hätten. Und manchmal sind es sogar die Dienstleister selbst, die auftauen. Nach einem Gläschen Wodka erfährt man etwa von einem, dass er noch zu Sowjetzeiten Soldat in Afghanistan war. Andere sind verschwiegen, gehen professionell und distanziert ihrer Arbeit nach. Es sind kurze Begegnungen, Langeweile wie in einer Warteschleife kommt keine auf.
In einer solchen aber hängt zumindest einer der Techniker immer wieder. Melodie samt Ansage wird zu einem Motiv, das von einem Mikrokosmos zum nächsten trägt. Und das viele Warten regt offenbar auch zum Nachdenken an. Bitte warten kulminiert in einem einfachen wie ehrlichen Monolog, der nach der menschlichen Gemeinschaft fragt. Der Befund: In einer Welt, die aufgrund von Technologie große Distanzen leichtfüßig zu überbrücken vermag, vereinzeln sich ihre Bewohner/innen doch mehr und mehr voneinander.
In Pavel Cuzuiocs Film vermischen sich lokale Befindlichkeiten und globale Wünsche. Grenzen verschwimmen und erzeugen teils kuriose Amalgame. Das Resümee, das der Regisseur zieht, entspricht jenem Eindruck: „Wenn ich während des Filmens von Bitte warten zu einer Erkenntnis gelangt bin, dann war es die, dass wir uns nicht so ernst nehmen sollten. Wir nehmen uns viel zu wichtig.“
(Katalogtext, cw)

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