Die Vier im Jeep
Spielfilm, AT/CH 1951, Schwarzweiß, 102 min., eOF
Diagonale 2022
Regie: Leopold Lindtberg
Buch: Richard Schweizer, Hans Sahl, Wilhelm Michael Treichlinger
Darsteller:innen: Ralph Meeker, Viveca Lindfors, Yossi Yadin, Albert Dinan, Hans Putz
Kamera: Emil Berna
Schnitt: Hermann Haller
Originalton: Rudolf Rolf Epstein
Musik: Robert Blum
Weitere Credits: Bauten: Werner Schlichting, Regieassistent: Kurt Früh
Produzent:innen: Lazar Wechsler
Produktion: Praesens-Film AG, Zürich
Ein aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft geflohener Österreicher wird gesucht. Die alliierte Militärpolizei – ein Amerikaner, ein Engländer, ein Franzose und ein Russe, die sprichwörtlichen „Vier im Jeep“ – fängt in dem Fall zu ermitteln an, dabei werden die Beziehungen zwischen den Besatzungsmächten auf eine Zerreißprobe gestellt. In den Hauptrollen dieses Welterfolgs spielen Ralph Meeker, Viveca Lindfors, Yossi Yadin – und Graz als Wien.
Seit dem Kriegsende ist Österreich von den Alliierten in vier Besatzungszonen aufgeteilt. In der Hauptstadt fahren Soldaten der internationalen Polizei auf Streife, die „Vier im Jeep“. Wagen P2212 wird zu einem Einbruch gerufen, der sich als illegale Geheimdienstaktion entpuppt: Die Sowjets fahnden nach einem Österreicher, der sich kurz vor der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft nach Wien abgesetzt hat, mutmaßlich zu seiner Ehefrau Franziska. Der recht unspektakuläre Fall steht stellvertretend für den großen Konflikt zwischen den Westmächten und den Sowjets. Während William Long, der Amerikaner, sich schützend vor die junge Frau stellt und sie bei der Familie seines französischen Kameraden in Sicherheit bringt, beharrt Vassilij Voroschenko, der Russe, auf Nichteinmischung in sowjetische Angelegenheiten und Erfüllung seiner Order. Ein gefährliches Katz-und-Maus-Spiel beginnt.
Die Vier im Jeep, dieser Filmtitel ist zum Synonym für die alliierte Präsenz im Wien der Besatzungszeit geworden. Leopold Lindtberg, ein gebürtiger Wiener, der vor den Nazis in die Schweiz fliehen konnte und dort rasch zu einem der bedeutendsten Theater- und Filmregisseure wurde, inszeniert die Geschichte als Drama mit realpolitischem Hintergrund. Statt einer Romanze zwischen Long und Franziska erzählen zwei Rückblenden vom wachsenden Misstrauen unter den Alliierten. So sind sich der GI und der Rotarmist bereits früher begegnet: einmal 1945 an der Elbe, ausgelassen den Sieg feiernd, das zweite Mal grußlos 1948 an der Enns, einer streng überwachten Zonengrenze zwischen Ost und West. Jetzt, bei ihrem Wiedersehen 1950 in Wien, droht der Kalte Krieg schon wegen jedes kleinen Zwischen-falls zu eskalieren.
Der viersprachig produzierte Film entstand unter schwierigsten Bedingungen. Gedreht wurde im Atelier Thalerhof und im Studio Bellerive in Zürich, die Außenaufnahmen vor allem in Graz. Für die Szenen in Wien musste die Regie „aufwendige Vertuschungsmanöver inszenieren“, schreibt Hervé Dumont in seiner „Geschichte des Schweizer Films“, dabei sei ohnehin nur das Allernötigste für die Rückprojektion gedreht worden: „Lindtberg kleidet seine vier Darsteller für die in Totalen gefilmten Jeep-Fahrten in farbenprächtige Fantasie-Uniformen (der Film ist schwarz/weiß), damit niemand den wahren Inhalt des der Presse unter dem nichtssagenden Titel Wien 1950 angekündigten Films errate.“ Die meisten „Wiener Locations“ indes befinden sich in der Grazer Innenstadt, etwa das Landhaus, der Jakominiplatz, die Abraham-a-Santa-Clara-Gasse. Amüsiert verfolgt die Presse vor Ort das Treiben der internationalen Filmequipe: „Graz ist also Wien geworden und so kurvt des Nachts im gleißenden Scheinwerferlicht der Jeep von der interalliierten Militärpolizei durch die Stempfergasse“ („Kleine Zeitung“, 1950).
Mut bewies Lindtberg auch bei der Besetzung: Ralph Meeker feiert als GI sein Leinwanddebüt, seinen Gegenspieler interpretiert Yossi Yadin vom Cameri Theater in Tel Aviv, und Viveca Lindfors, eine Schwedin in Hollywood, spielt die sehnsüchtig auf ihren Ehemann wartende Österreicherin. Und als dieser, verkörpert vom Wiener Schauspieler Hans Putz, schließlich aus den Schatten der urbanen Ruinenlandschaft auftaucht, nimmt der Film nochmal richtig Tempo auf. Die Vier im Jeep lief unter Protest der sowjetischen Filmdelegation im Wettbewerb von Cannes, bei den 1951 erstmals stattfindenden Berliner Filmfestspielen wurde er kurz darauf mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet.
(Michael Omasta, Brigitte Mayr)