Die Lügen der Sieger
Spielfilm, DE/FR 2014, Farbe, 112 min., OmeU
Diagonale 2024
Regie: Christoph Hochhäusler
Buch: Ulrich Peltzer, Christoph Hochhäusler
Darsteller:innen: Florian David Fitz, Lilith Stangenberg,
Horst Kotterba, Ursina Lardi, Maya Bothe
Kamera: Reinhold Vorschneider
Schnitt: Stefan Stabenow
Originalton: Jörg Kidrowski
Musik: Benedikt Schiefer
Szenenbild: Renate Schmaderer
Kostüm: Peri De Bragança
Produzent:innen: Bettina Brokemper
Produktion: Heimatfilm
Koproduktion: MACT Productions (FR), Westdeutscher Rundfunk (WDR) (DE), ARTE, BKM
Der Starreporter eines Nachrichtenmagazins ist einer Enthüllungsgeschichte rund um den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan auf der Spur. Als seine Praktikantin zu einem bizarren Unfalltod in einem Zoo recherchiert, vermuten die beiden einen Skandal um eine Giftmülldeponie. Doch die mächtige Chemielobby lockt die beiden auf eine falsche Spur. Christoph Hochhäuslers moderner Großstadtthriller, der sich am klassischen Film Noir orientiert, erzählt von den dunklen Verflechtungen von Politik, Industrie und Medien.
Der Journalist Fabian Groys (Florian David Fitz) ist ein investigativer Reporter, wie man ihn sich vorstellt: energiegeladen, extrovertiert, immer der nächsten Story hinterherjagend. Bereits auf dem Weg ins Büro der Berliner Wochenzeitung, bei der er einen Ruf als exzellenter Aufdecker genießt, führt er in seinem silbergrauen Porsche wichtige Telefonate. Der Stress gehört für ihn zur täglichen Routine. Bei der morgendlichen Pressekonferenz des Verteidigungsministeriums trifft er einen Kontaktmann, der ihm Unterlagen zuspielt. Kurz darauf stellt ihm der Chef seine neue Praktikantin Nadja (Lilith Stangenberg) vor. „Man ist immer nur so gut wie seine letzte Geschichte“, meint Groys – und seine aktuelle Story über eine ominöse „schwarze Liste“ der Bundeswehr im Afghanistankrieg soll seiner Karriere den nächsten Schub verpassen.
Christoph Hochhäuslers erster in Berlin gedrehter Film – in einer hektischen Stadt der Agenturen und Verlage – ist ein klassischer Thriller und zugleich eine moderne Reflexion des Genres, in dem man mit Groys „wie mit einem Detektiv bestimmte gesellschaftliche Schichten durchqueren kann“. Groys’ Verabredungen mit Verbindungsmännern sieht man als Überwachungsbilder einer Videokamera, während ein Lobbyist für ein Treffen mit dem Wirtschaftsminister vorbereitet wird und ein Mann, der bei einer Recyclingfirma für Giftstoffe gearbeitet hat, sich im Zoo von Gelsenkirchen ins Löwengehege stürzt. Groys und Nadja wittern die Zusammenhänge wie Spürhunde, fest davon überzeugt, auf der richtigen Fährte zu sein.
Die Lügen der Sieger verfolgt, unterstützt von einem fiebrigen Score, mehrere solche falsche Fährten, die davon zeugen, dass Groys nach Puppen jagt, während die Mächtigen mit den Fäden in der Hand für ihn unerreichbar bleiben. Als Spieler taugt Groys nur in einem illegalen Underground-Club, in dem er seine Sucht auslebt. Er sucht nach der einen Wahrheit, um feststellen zu müssen, dass es mehrere gibt – die sich je nach Perspektive anders darstellen. Und je näher er dieser vermeintlichen Wahrheit zu kommen glaubt, desto undurchsichtiger erweisen sich die Lügen derer, die er verfolgt.
Der Filmtitel verdankt sich einem Gedicht des politischen US-Poeten Lawrence Ferlinghetti: „Geschichte wird gemacht aus den Lügen der Sieger.“ Die Lügen der Sieger erzählt als in eine Verschwörungstheorie verpackter, fulminanter Thriller davon, wie man sich in diesen Lügen verfangen kann. (Michael Pekler)