Bosnischer Topf
Spielfilm, AT/HR 2022, Farbe, 104 min., OmeU
Diagonale 2024
Regie, Buch: Pavo Marinković
Darsteller:innen: Senad Bašić, Andreas Kiendl, Birgit Stöger, Bruna Bebić, Admir Glamočak, Zlatko Burić, Julia Franz Richter, Igor Kovač, Aleksandar Petrović, Goran Grgić
Kamera: Peter Roehsler
Schnitt: Dubravko Slunjski
Originalton: Igor Šegović
Musik: Ted Regklis
Sounddesign: Natalija Strahinić, Ognjen Popić
Szenenbild: Burkhard Stulecker
Kostüm: Vedrana Rapić
Produzent:innen: Stanislav Babić, Peter Roehsler
Produktion: Telefilm Zagreb (HR)
Koproduktion: Nanook Film (AT)
Faruk (Senad Bašic) war Professor und Schriftsteller in Sarajevo, seit den Jugoslawienkriegen lebt er in Graz. Dort ist er ein Außenseiter geblieben – ihm droht sogar die Abschiebung, sofern er nicht nachweisen kann, dass er mit seiner Arbeit einen wertvollen Beitrag zur österreichischen Kultur leistet. Nun soll eine Off-Theater-Gruppe sein Jugendwerk „Die Vampire von Miljacka“ auf die Bühne bringen. Doch die Proben unter der Regie von Manni (Andreas Kiendl) und Therese (Birgit Stöger) werden schnell chaotisch …
Faruk Šego (Senad Bašić) verlangt vom Leben nicht viel: Die künstlerischen Ambitionen des Schriftstellers liegen weitgehend auf Eis, als freier Mitarbeiter beim Radio verdient er gerade genug, um eine winzige, provisorisch eingerichtete Dachwohnung in Graz und gelegentlich die eine oder andere Schnapsflasche zu bezahlen, ab und zu geht er mit einer Bekannten ins Bett, das war’s auch schon fast an Sozialleben. Anders ausgedrückt: Faruk verlangt nicht mehr von seiner Existenz als die Möglichkeit, auf seine eigene, höchstpersönliche Art unglücklich zu werden, so wie alle anderen auch.
Aber selbst das wird ihm nicht gegönnt. Weil er ein Formular ein paar Tage zu spät eingereicht hat, droht die Aufenthaltsbewilligung des Bosniers zu erlöschen – und dann wird er auch noch in derselben Woche seinen Job beim Radio los. Da ein Bleiberecht ohne Nachweis eines Einkommens praktisch unerreichbar ist, muss er tun, was ihm sichtlich schwerfällt: in die Welt hinausgehen, mit Leuten reden, alte Kontakte aktivieren, um Gefallen bitten.
Bosnischer Topf ist ganz um die grantige Präsenz seines famosen Hauptdarstellers herum gebaut: Mit jeder linkischen Bewegung, jedem unnachahmlich knarzig intonierten Satz zelebriert Bašić die Attitüde eines Einzelgängers aus Prinzip. Ein nicht uncharmanter Misanthrop ist dieser bosnische Tropf, einer, der in seinen fast schon generösen Menschenhass jederzeit sich selbst mit einschließt. Dass sich im Finale des Films ausgerechnet um diese wandelnde Negativität namens Faruk herum eine neue, utopische (und freilich keineswegs stabile) Gemeinschaft formieren wird, gehört zu den besten Pointen dieser hintersinnigen Komödie über Ein- und Ausschlussprozesse.
Bis es so weit kommt, ist es ein weiter Weg. Vor allem muss Faruk zunächst an eine Off-Theater-Truppe geraten, die eines seiner alten Stücke zur Aufführung bringen will. In der Theorie eine Sache, bei der alle nur gewinnen können: Die künstlerisch ausgebrannte Bühnentruppe erhält neuen Schwung, und der Autor darf bis auf Weiteres in Österreich bleiben. Freilich sind weder Faruk noch seine neuen Mitstreiter:innen die richtigen Typen für Win-Win-Situationen … (Lukas Foerster)