I Cimbri
Dokumentarfilm, AT 1991, Schwarzweiß, 116 min., OmdU
Diagonale 2024
Regie: Peter Schreiner
Buch: Peter Schreiner
Darsteller:innen: Fortunato Dal Bosco, Adele Dal Bosco, Germano Dal Bosco, Corinna Pernigotti u.a.
Kamera: Peter Schreiner
Schnitt: Peter Schreiner
Originalton: Andreas Stern, Susanne Schreiner
Weitere Credits: Eine neu rekonstruierte und digital restaurierte Fassung des Filmarchiv Austria
Produzent:innen: Peter Schreiner
Produktion: Peter Schreiner Filmproduktion
In Giazza, einem 250-Seelen-Dorf nördlich von Verona, leben die letzten Angehörigen der Zimbern. Die Volksgruppe, die sich im Lauf von Jahrhunderten aus Zugewanderten aus dem Ötztal, Vorarlberg und der Ostschweiz zusammengefügt hat, hatte mit dem Zimbrischen ihre eigene Sprache. Heute beherrschen das tautsche Gareida nur noch die Alten. „So ist das Leben“, sagen sie und gehen in Demut ihrer Wege. Eine ethnografische Studie, gedreht in Schwarzweiß – ein Film von vergessener Schönheit.
I Cimbri beschreibt eine Welt, die im Verschwinden begriffen ist. Giazza, ein 250-Seelen-Kirchdorf nördlich von Verona, ist Teil einer kleinen Sprachinsel, die sich seit dem beginnenden 12. Jahrhundert durch Zugewanderte aus dem Ötztal, der Ostschweiz und dem Gebiet des jetzigen Vorarlberg herausgebildet hat. In der Renaissancezeit prägten Gelehrte für diese Volksgruppe mit Privilegien und eigener Sprache den Namen „Zimbern“. Heutzutage beherrschen nur noch einige wenige Alte das tautsche Gareida. Ihnen widmet sich der Wiener Filmemacher Peter Schreiner in seinem frühen Meisterwerk – mit Aug, Ohr und Herz.
Anfangs erscheinen die Menschen, denen der Film begegnet, wortkarg. Ihre von Wind und Wetter sowie vom mindestens so harten wie einfachen Leben gezeichneten Gesichter finden in der Umgebung eine perfekte Entsprechung: Die schmalen Wege sind steinig, die Gassen schmal, die niedrigen Häuser ducken sich an den steilen Abhängen der Schluchten. Von irgendwoher tönen Glockengeläut und ein Mariengebet.
Schreiner setzt auf Reduktion, daraus entfaltet sich der Reichtum dieses Films. Er ist in Schwarzweiß gedreht, ohne Off-Kommentar, ohne musikalischen Score; die Kamera bewegt sich nie, dafür registriert sie jede noch so kleine Regung ihres Gegenübers. Wiederholt nimmt sie die Personen in Großaufnahme in den Blick, etwa den alten Fortunato, der in einem Campingstuhl auf der Straße vor seinem Haus in der Sonne sitzt: sich ein feines Pfeiferl stopft, sich schnäuzt, ein Streichholz anzündet und mit schnaufendem Atem, doch genüsslich, zu ziehen beginnt.
Nur an Feiertagen und Wochenenden dringt der Lärm des modernen Lebens bis hierher vor. Dann verwandelt sich die Piazza in einen Marktplatz für die Tourist:innen; ein ausgedienter Mühlstein könnte zur neuen Fremdenverkehrsattraktion des Dorfes werden. „So ist das Leben“, sagen die Alten ohne Bedauern und gehen in Demut weiter ihrer Wege. „Es wird nichts mehr so sein, wie es war“, bezeugt Peter Schreiners Film, „und das in jedem Augenblick.“ (Michael Omasta)