Diagonale
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Lebenslinien 2: Marianne - Ein Recht für alle
Spielfilm, AT 1983, Farbe, 90 min.
Diagonale 2013

Regie, Buch: Käthe Kratz
Darsteller:innen: Linde Prelog, Alfred Pfeifer, Maria Singer, Robert Hunger-Bühler u.a.
Kamera: Anton Peschke
Schnitt: Susanne Schett
Musik: Bert Breit
Produktion: ORF
Koproduktion: ZDF

 

Herbst 1918. Nach Ende des Ersten Weltkrieges kehren die Soldaten heim und erheben Anspruch auf die Arbeitsstellen, die in ihrer Abwesenheit von den Frauen besetzt wurden. Auch Marianne soll ihren Platz in der Fabrik räumen – doch sie wehrt sich gegen die Re-Etablierung der alten Geschlechterordnung.

Katalogtext Diagonale 2013:

Es ist Herbst 1918. Marianne wohnt gemeinsam mit ihrer fünfjährigen Tochter Liesi in einem verlassenen Zug am Rand der Stadt. Als Arbeiterin in einer Metallfabrik verdient sie gerade genug, um sich und ihr Kind am Leben zu erhalten. Ihr zweites Kind ist als Säugling an Unterernährung gestorben. Während der Kriegsjahre von 1914 bis 1918 haben die Frauen allmählich sämtliche Arbeiten erlernen und übernehmen müssen. Auch in der Schweißerei, wo Marianne die Maschinen überwacht, arbeiten fast ausschließlich Frauen und Kriegsgefangene. Im November ist der Krieg zu Ende. Die Soldaten kehren halb verhungert heim. Mariannes Mann Karl liegt eines Abends erschöpft vor ihrem Waggon. Zur allgemeinen Versorgungsnot gesellt sich nun die Not der Arbeitslosigkeit. Die heimgekehrten Soldaten erheben Anspruch auf die wenigen Arbeitsplätze. Marianne muss als Arbeiterrätin hilflos zusehen, wie die überarbeiteten Frauen teils freiwillig die Fabrik verlassen, teils mit Zwang verdrängt werden. Marianne nimmt den hoffnungslosen Kampf um ihren Arbeitsplatz und den der verbleibenden Frauen auf. (Produktionsnotiz)

Entscheidend ist, daß ihre Filme im Gedächtnis bleiben. Käthe Kratz, von ihr soll hier die Rede sein, ist eine Regisseurin, die ihre eigene Zeit und die der Zuseher nicht ungenützt vergehen lassen will. Sie weiß etwas vom Leben, davon, wie Menschen miteinander umgehen, und diese Geschichten muss sie loswerden. Wer ist also diese Frau, die, 1947 in Salzburg geboren, heute in Wien lebt und dort Drehbücher schreibt und als Regisseurin arbeitet? Käthe Kratz hat den Glauben an das Geschichtenerzählen nie verloren. Kommt man mit ihr ins Gespräch, weiß sie schon wieder etwas zu erzählen. Geschichten treiben sie an, in ihnen findet sie etwas, was mit dem Kern unserer Existenz zu tun hat. Wenn sie also von den außergewöhnlichen Begebenheiten im Leben anderer Frauen und Männer erzählt, möchte sie immer auch etwas mitteilen von dem, was sich in uns selber abspielt. Wie kommt sie eigentlich zu ihren Geschichten? Es gibt historische Stoffe, die auf Recherche basieren. Frauenleben von anno dazumal sind nicht einfach verschwunden, weil heute andere Lebenswirklichkeiten gelten. Käthe Kratz ist eine Spezialistin der Macht. Wenn sie sich ansieht, wie sich Macht auf die Biographien von Frauen früher einmal ausgewirkt hat, nimmt sie Veränderungen wahr [sic]. Die Macht ist nicht verschwunden, ihre Spielformen haben sich gewandelt. Wenn sich Kratz der Lebenswelt einer Frau aus einer anderen Zeit nähert, ist sie auf historische Quellen angewiesen. Aber um eine richtige Geschichte zu erzählen, bedarf es mehr als historischer Genauigkeit. Deshalb baut Kratz auf die Kraft der Phantasie, die Geschichten auch zu Abenteuern des Herzens werden lassen. (Anton Thuswaldner, Salzburger Nachrichten, 1995)

Ich erinnere mich, daß es mir schon als junges Mädchen wehtat, als weibliches Wesen bestimmt zu sein, abseits von allem Großen, Bedeutenden zu stehen, nichts und niemand zu haben, auf die ich mit Ehrfurcht und Stolz hätte zurückblicken können, und keine Perspektive, mich jemals als am Weltgeschehen aktiv beteiligt zu erleben. Ich empfinde die Suche nach unserer historischen Identität als einen der wichtigsten Schritte, die die neuere Frauenbewegung initiiert hat. Denn unsere Geschichte ist der Boden, auf dem wir stehen, uns bewegen, handeln. Und solange dieser Boden scheinbar nicht existiert, finden wir keinen eigenen gesellschaftlichen Standort. Hätten wir historisch sicheren Boden unter den Füßen, ich glaube, es würde vielen Frauen nicht so große Schwierigkeiten bereiten, ICH zu sagen, ICH zu denken und selbstbestimmt zu handeln. Die eigene Geschichtlichkeit ist eine Frage der Würde. (Käthe Kratz, Stadtkino­ Programm Nr. 43, 1983)

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