Diagonale
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Taxidermia
Spielfilm, HU/AT/FR 2006, Farbe, 91 min.
Diagonale 2016

Regie: György Pálfi
Buch: György Pálfi, Zsófia Ruttkay nach Kurzgeschichten von Lajos Parti Nagy
Darsteller:innen: Marc Bischoff, István Gyuricza, Adám Dérényi, István Horváth
Kamera: Gergely Pohárnok
Schnitt: Réka Lemhényi
Originalton: Tamás Zányi
Musik: Amon Tobin
Szenenbild: Adrien Asztalos, Veronika Merlin
Kostüm: Júlia Patkós, Patricia Schömitz
Weitere Credits: Aufnahmeleitung: Zepp BerensmeierProduktionsleitung: Gabriella Reisinger, Imre Bodó, Zoltán Galambos
Produzent:innen: Peter Miskolczi, Gábor Váradi, Alexandre Mallet-Guy, Emilie Georges, Gabriele Kranzelbinder, Alexander Dumreicher-Ivanceanu
Produktion: Eurofilm Studio (H), Amour Fou Filmproduktion (A), Memento Film (F),
 La Cinéfac

 

Ein Meilenstein des Body-Horror- Genres: Es beginnt wie eine übung in zentraleuropäischem Feel-Bad-Cinema. Der Mittelteil ist auf grausame Weise lustig und auf Augenhöhe mit dem Humor der Monty Pythons, bevor der Film in so etwas wie David Cronenbergs schlimmstem Alptraum gipfelt. Taxidermia erzählt von Obsessionen, die über Generationen weitergegeben werden: Der Großvater sehnt sich nach Liebe, der Sohn widmet sich der beschleunigten Essensaufnahme und der Enkel dem Ausstopfen von Tieren.

Taxidermia erzählt die groteske Geschichte dreier Generationen in Ungarn. Der leicht unterbelichtete Großvater, Ordonanz eines autoritären ungarischen Offiziers im Zweiten Weltkrieg, lebt in bizarren Fantasien: Er sehnt sich nach Liebe und giert nach Sex. Sein Sohn strebt als Spitzenathlet nach Erfolg – er wird ein Schnellesser in der prosowjetischen Nachkriegsära. Der Enkel schließlich, ein scheuer, feingliedriger Ausstopfer, ist auf der Suche nach etwas Größerem: nach der Unsterblichkeit. Er will das perfekteste Kunstwerk aller Zeiten erschaffen, indem er seinen eigenen Körper ausstopft.
Historische Fakten und Surrealismus verflechten sich wie in den Werken von Gabriel García Márquez oder des ungarischen Schriftstellers Lajos Parti Nagy zu einem magischen Realismus; das Drehbuch basiert auf zwei Erzählungen von Nagy, die György Pálfi um die dritte Geschichte, die des Ausstopfers, erweitert hat.
(Produktionsmitteilung)

Taxidermia ist wie ein Familienroman strukturiert. Das Konzept eines Familienromans legt eine Saga, die wie im Werk Thomas Manns geordnet ist, nahe. In dieser Weise beinhaltet Taxidermia drei Generationen: Der Großvater schafft das Fundament der Familie; er ist eine Urkraft, ein Urschöpfer, der die Welt in Bewegung setzt. Mit großer Mühe treibt der Sohn sein Erbe bis an die Spitze. Der Enkel aber lehnt die Werte von Vater und Großvater gleichermaßen ab.
Im Zentrum der drei Geschichten stehen die Körper, naturalistisch, aber mit heftiger, surrealer Begierde ausgestattet. So wie der Körper von Begierden überwältigt wird, so wird der Naturalismus vom Surrealismus überwältigt, bis sich die Variationen des Körperlichen in einem einzigen ästhetischen System zusammenschließen. Jedes Element, jede Einstellung des Films ist höchst spezifisch; aber das Nebeneinanderstellen von zwei ungleichen Elementen lässt etwas Neues, Magisches entstehen. Das grausame und konstante Geschichtenerzählen hat eine starke emotionale Brutalität; der Film erforscht extreme Bereiche des menschlichen Lebens und ihre Grenzen.
(György Pálfi)

Taxidermia kommt zunächst wie ein schwungvoller, spinniger und typisch slawischer Film à la Emir Kusturica daher und endet dann in der düsteren und schauderhaften Atmosphäre von Das Schweigen der Lämmer. Pálfis rekonstruiertes Ungarn der kommunistischen Ära ist bevölkert von unförmigen und feindseligen Katzen, und der überfluss an Essbarem lässt noch nichts von den Fleischmassen erahnen, die im letzten Teil im Zentrum stehen.
(Julien Welter, ARTE)

AMOUR-FOU-Projekte sind natürlich alles andere als klassisch, es sind Projekte, die Neuland betreten, die Grenzen überschreiten, Dinge miteinander vernetzen, die bisher nicht vernetzt waren. (…) Taxidermia hat die internationale Dimension durch die Zusammenarbeit von Österreich und Ungarn und auch eine verrückte Geschichte.
(Alexander Dumreicher-Ivanceanu, AFC-Interview)

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