Diagonale
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Cinema Futures
Dokumentarfilm, AT 2016, Farbe+SW, 126 min., OmdU
Diagonale 2017

Regie, Buch, Schnitt, Musik: Michael Palm
Kamera: Joerg Burger
Originalton: Hjalti Bager-Jonathansson, Georg Misch
Produzent:innen: Ralph Wieser, Georg Misch
Produktion: Mischief Films

 

Stirbt der Film oder verändert er sich bloß? Cinema Futures zeigt die Vergänglichkeit und die Fragilität von filmischen Bildträgern auf und wirft einen Blick auf die digitalen Verheißungen einer neuen Zeit – jedoch ohne in Nostalgie oder in die Dichotomiefalle „analog vs. digital“ abzudriften. Ein formal beeindruckender und prominent besetzter Essay über die Gegenwart und die Zukunft von Film und Kino in der digitalen Ära.

Gegenwart und Zukunft von Film in der digitalen Ära: Michael Palms im Zuge des 50-Jahr-Jubiläums des Österreichischen Filmmuseums entstandener Dokumentarfilm geht der Frage nach, wie Film – als Material und als kulturelles Gut – überleben kann. Der lustvoll gestaltete Essay stößt zahlreiche Diskurse an: die Digitalisierung und das damit verbundene Fortschrittsnarrativ, die Machtstrukturen und die ökonomischen Interessen, die die Zukunft von Film und Kino bestimmen, die Charakteristika von Filmmaterial und die Möglichkeiten digitaler Bilder. Der Regisseur lässt dabei zahlreiche Persönlichkeiten aus Filmkunst und -technik, aus Archiven und Wissenschaft zu Wort kommen, darunter Filmschaffende wie Martin Scorsese und Christopher Nolan oder Theoretiker wie Tom Gunning und Jacques Rancière. Mithilfe einer klugen Montage von Archivmaterial, Filmsequenzen, Interviews und Kommentaren stellt Cinema Futures die dringlichsten Fragen: Stirbt der Film oder verändert er sich bloß? Was, wenn der Film tatsächlich obsolet wird und digitale Speicher die Aufgaben von Archiven gänzlich übernehmen? Und was, wenn man diese digitalen Daten irgendwann nicht mehr entziffern kann?
Diese Ungewissheit der Zukunft von Film und kollektivem audiovisuellem Gedächtnis wird von einer Melancholie begleitet, die das filmontologische Motiv der Unsterblichkeit und Mumifizierung von Zeit und Mensch widerspiegelt. Eine ironisch überspitzte Endzeitstimmung anschlagend werden zerbröselndes Filmmaterial und gesprengte Kopierwerke prähistorischen Ausgrabungen im Naturwissenschaftlichen Museum gegenübergestellt. Lange Kamerafahrten sezieren die Schauplätze analoger und digitaler Spurensuche: enge Vorführräume und Archive, in denen Staub und Essiggeruch auf Filmstreifen detektiert werden, kühle und weitläufige Datenbanken, deren blinkende Lichter noch ein letztes Aufflackern von Lebendigkeit symbolisieren. Die Bilder in Cinema Futures leisten eine Art Trauerarbeit – sie erzählen vom Verlust sowohl des filmischen Materials als auch jener Filme, die archivarischen Entscheidungen zum Opfer fallen müssen.
Ohne Nostalgie und ohne in die Dichotomiefalle „analog vs. digital“ zu tappen zeigt Cinema Futures die Vergänglichkeit und die Fragilität von filmischen Bildern auf, wirft aber auch einen Blick auf Zukunftsvisionen und auf die digitalen Verheißungen einer neuen Ära. Ein nicht nur formal und aufgrund seiner prominenten Besetzung eindrucksvoller Essay über ein Medium, das dem Wandel und dem Fortschreiten der Zeit ausgesetzt ist.
(Katalogtext, cw)

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