Diagonale
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Die Legende vom hässlichen König
Dokumentarfilm, AT/DE 2017, Farbe+SW, 122 min., OmeU
Diagonale 2018

Regie, Buch: Hüseyin Tabak
Kamera: Lukas Gnaiger
Schnitt: Christoph Loidl, Andrew Bird
Originalton: Tom Schön
Musik: Judit Varga
Sounddesign: Atanas Tcholakov
Produzent:innen: Josef Aichholzer, Mehmet Aktas, Hüseyin Tabak
Produktion: Aichholzer Filmproduktion
Koproduktion: mîtosfilm (DE) MarangozFilm (DE)

 

Sie nannten ihn den „hässlichen König“: Seinen wohl bekanntesten Film, YOL, produzierte der Regisseur Yılmaz Güney aus seiner Gefängniszelle heraus. 1982 wurde ebendieser mit der Goldenen Palme in Cannes prämiert und Güneys Werke zu Wegbereitern des kurdischen Kinos. Ein politisch polarisierender Ausnahmeregisseur, zu dem Hüseyin Tabak auf seiner filmischen Recherchereise nun facettenreiches Material zusammengetragen hat: Archivbilder, Filmausschnitte und Interviewsequenzen.

„Wer ist Yılmaz Güney?“, steht auf einem abgefilmten Zettel zu lesen. Es ist eine von vielen Notizen, die über gekritzelte Linien und Pfeile miteinander verbunden sind. In seiner filmischen Recherche hat Hüseyin Tabak vielseitiges Material über den kurdischen Regisseur und Schauspieler zusammengetragen, der von seinen Fans neckisch „der hässliche König“ genannt wurde. Insgesamt beinahe 13 Jahre verbrachte Yılmaz Güney in türkischen Gefängnissen, bis er 1981 nach Frankreich ins Exil floh: Mehrmals wurde er als „kommunistischer Agitator“ und Gegner des politischen Regimes inhaftiert und dann wegen Mordes an einem rechtsextremen Richter in einem zweifelhaft vollzogenen Prozess verurteilt. Seinen wohl bekanntesten Film, YOL, der 1982 überraschend mit der Goldenen Palme in Cannes prämiert wurde, produzierte er aus seiner Gefängniszelle heraus.
Der Dokumentarfilm greift auf Ausschnitte aus Güneys Filmen zurück, die in ihrer inhaltlichen wie ästhetischen Neuartigkeit zu Wegbereitern des kurdischen Kinos wurden. Dazu webt Hüseyin Tabak Interviewsequenzen mit beruflichen Wegbegleiter/ innen, die von notgedrungen unkonventionellen Produktionsbedingungen erzählen und Güneys Abkehr vom Kino für eine Elite hin zu einem sozialkritischen Kino für alle reflektieren. Zwischen den Zeilen schimmert durch, was es an Widerstandskraft erfordert, eine politisch riskante Haltung zu wahren. Und dennoch ist der Film nicht bloße Thronsetzung eines Helden: Setaufnahmen zeigen einen schonungslosen Regisseur, dessen Leidenschaft in eine übergriffige Kompromisslosigkeit kippen konnte. Tabak spart die zornigen und dunklen Charakterseiten nicht aus. Als Spurensucher sammelt er Puzzlestücke und steckt sie zu einem facetten-reichen Bild zusammen. Auch Familienmitglieder lässt er laut über Güney nachdenken: Behutsam und sensibel hakt er in Gesprächen nach, lässt die Schwester, die Tochter und Exehefrauen ihre jeweils eigenen Porträtversionen zeichnen. So spannt sich ein Netz aus Geschichten und Eindrücken über die filmische Suche, wer die Legende Yılmaz Güney denn nun gewesen ist: Idol des Widerstands im türkischen Kino, ein Schauspieler, Regisseur, Ehemann oder Vater? Hüseyin Tabak begegnet dieser komplexen Frage, indem er mit seinem Film mehrere Antworten formuliert, die allesamt gleichberechtigt nebeneinanderstehen dürfen.
(Katalogtext, jk)

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