3 Tage in Quiberon
Spielfilm, DE/AT/FR 2018, Schwarzweiß, 115 min., OmeU
Diagonale 2019
Regie, Buch: Emily Atef
Darsteller:innen: Marie Bäumer, Birgit Minichmayr, Charly Hübner, Robert Gwisdek
Kamera: Thomas W. Kiennast
Schnitt: Hansjörg Weissbrich
Originalton: Joern Martens
Musik: Christoph M. Kaiser
Julian Maas
Sounddesign: Kai Tebbel
Szenenbild: Silke Fischer
Kostüm: Janina Audick
Weitere Credits: Mischung MARTIN STEYER
Maskenbild LJILJANA MÜLLER, HANNA HACKBEIL
Produzent KARSTEN STÖTER
Co-Produzenten DANNY KRAUSZ SOPHIE DULAC MICHEL ZANA
Casting ANJA DIHRBERG, SONIA LARUE
Produzent:innen: Karsten Stöter, Danny Krausz, Sophie Dulac, Michel Zana
Produktion: Roh Filmfactory (DE), Dor Film (AT), Sophie Dulac (FR)
Koproduktion: Tita B Productions (FR)
Departures Film (DE)
Rohfilm Productions (DE)
NDR ARTE
ORF Film/Fernseh-Abkommen
— Spektrum: Out of Competition
Diagonale im Dialog: Im Anschluss an das Screening findet ein ausgedehntes Gespräch zwischen Emily Atef (Regie) und Rüdiger Suchsland (Journalist) über Mythos und Inszenierung der Schauspielerin Romy Schneider statt. Mit Unterstützung der Diagonale-Hauptsponsorin Steiermärkische Sparkasse.
1981 gab Romy Schneider dem
„Stern“-Journalisten Michael Jürgs
ein aufsehenerregendes Interview.
Emily Atef rekonstruiert dieses
Treffen in einem Spa-Hotel an
der französischen Atlantikküste
in ästhetischem Schwarz-Weiß,
angelehnt an Robert Lebecks Fotos,
die dieser damals vor Ort machte.
Mit herausragenden Darsteller/innen
gelingt Atef die überraschende
Annäherung an die Person hinter
dem medialen Bild und die Durchdringung
der Projektionsfläche, die
Romy Schneider war.
Als Romy Schneider 1981 einwilligt, dem „Stern“
ein Interview zu geben, ist sie 42 Jahre alt – und weiß,
dass auch dieses Gespräch für Aufsehen sorgen wird.
Stets bewegte sie sich in solchen Situationen zwischen
Mut zur Offenbarung und selbstbedrohender
Entblößung. Regisseurin Emily Atef konzentriert sich
in ihrem Film auf dieses Interview, das Aufeinandertreffen
von vier Personen und das daraus resultierende
Spannungsfeld – in das sie auch die Zuseher/
innen in ihrer Rolle als Medienkonsument/innen miteinbezieht.
Treffpunkt ist ein Spa Hotel in Quiberon,
in das Schneider sich zurückgezogen hatte.
Der ehrgeizige „Stern“-Journalist Michael Jürgs
sieht in diesem Interview eine große Karrierechance;
begleitet wird er von Schneiders Lieblingsfotografen
und gutem Freund Robert Lebeck.
Auf der Grundlage von Lebecks Fotos gestaltete
Atef ihren Film (ebenfalls) in Schwarz-Weiß. Mit einer
für Ambiguitäten extrem feinfühligen Marie Bäumer
in der Hauptrolle kommt sie der Person hinter dem
Bild, das die Medien von Schneider zu diesem Zeitpunkt
manifestiert hatten und das Jürgs hier stets
für aggressive und herablassende Verbalattacken
dient, überraschend nah. Ihr gelingt ein analytisches
Durchdringen der Projektionsfläche, die Schneider
war, als die sie sich aber auch anbot. Das genaue
Beobachten einer zur Ikone stilisierten Frau, die mit
ihrer Opferrolle kokettierte, die für ihre Sinnlichkeit
und Selbstbestimmtheit verehrt und für ihre Selbstzerstörung
bemitleidet wurde. Und die Freilegung
eines medialen Geflechts, in dem alle Seiten zu
einem gewissen Grad profitierten.
(Katalogtext, az)
Es ist ein Kammerspiel über einen potenziell
unmoralischen Tauschhandel, in dessen schuldhafte
Verstrickungen man als Zuschauer förmlich hineingezogen
wird: Wo wird der Journalist seine Grenzen
setzen in seiner Gier nach Nähe, die doch auch die
unsere, die der Öffentlichkeit ist? Und wird er Romy
Schneiders Vertrauen am Ende durch Diskretion
belohnen? Oder ist auch dieser Film am Ende gar
eine letzte mediale Ausweidung nur der zerbrechlichen
Diva? (…) Noch heute ist es kaum möglich,
über diese große Künstlerin zu schreiben, ohne sie
zugleich in ihrer Opferrolle festzuschreiben. Genau
darüber weist der Film dank seiner nuancierten
Zeichnung am Ende hinaus.
(Daniel Kothenschulte, Frankfurter Rundschau)