PARA:DIES
Spielfilm, AT 2022, Farbe, 76 min., OmeU
Diagonale 2022
Regie: Elena Wolff
Buch: Elena Wolff
Darsteller:innen: Julia Windischbauer, Elena Wolff, Selina Graf, Melanie Sidhu
Kamera: Vivian Bausch, Ella Knorz
Schnitt: Julia Windischbauer
Originalton: Lukas Benedicic
Musik: SALÒ, Annika Stein, KUOKO
Sounddesign: Lukas Benedicic
Szenenbild: Elena Wolff, Julia Windischbauer
Kostüm: Elena Wolff, Julia Windischbauer
Weitere Credits: Regieassistenz: Monika Ertl, Marie Haberlik
Produzent:innen: Julia Windischbauer, Elena Wolff
Jasmin und Lee ziehen sich nach Anif im Salzburger Land zurück. Dabei werden sie von der Dokumentarfilmerin Amira begleitet, die ihre Beziehung filmt und nach und nach selbst Teil einer komplizierten Dreierkonstellation wird. Elena Wolffs gewitztes Spielfilmdebüt PARA:DIES ist eine smarte Dokufiktion mit bestechender Schauspielleistung rund um queeres Selbstverständnis und Identitätsfindung in Zeiten von Selbstdarstellungszwang und Selbstausbeutung.
„I’ll never be the perfect girl that you want me to be“, singt Sängerin KUOKO zu dezentem Elektrosound. In Elena Wolffs Spielfilmdebüt PARA:DIES, das vor und hinter der Kamera zu neunzig Prozent weiblich beziehungsweise nichtbinär und/oder queer besetzt ist, geht es um Selbstverständnis und Identitätsfindung als queere Person. Vor allem aber geht es in den grandios gespielten Szenen um Beziehung: um das, was man auf den anderen Menschen projiziert, welche Erwartungen man an ihn und die Liebe hat und wie man es schafft, diese Erwartungen zu kommunizieren. Oder eben auch nicht.
Jasmin (Julia Windischbauer, die beim Filmfestival Max Ophüls Preis als Bester Schauspielnachwuchs ausgezeichnet wurde und als Produzentin und Editorin für den Film mitverantwortlich zeichnet) und Lee (Elena Wolff) sind seit drei Jahren ein Paar. Die beiden ziehen sich in Lees Elternhaus im Salzburger Land zurück und werden dabei von der befreundeten Dokumentarfilmerin Amira begleitet, die ihre Beziehung filmt. Alles fühlt sich ein bisschen zu erwachsen und gesetzt an: das weiß eingerichtete Einfamilienhaus, der spießige Rosenbogen im Garten, der Swimmingpool. In täglichen Interviews erzählen die beiden von sich, geben Einblick in ihre lesbische Liebe und ihre Gefühlswelt. Bald werden unausgesprochene Differenzen deutlich: Während Jasmin sich in ein fatal rotierendes Gefühlskarussell verstrickt, beschäftigt Lee sich hauptsächlich damit, sich selbst zu inszenieren. Dann bahnt sich in vielen intimen Kameramomenten auch noch eine zarte Bindung zwischen Jasmin und Amira an, die die Grenzen zwischen Beobachterin und Teilnehmerin zum Verschwimmen bringt. Erwartungen sowie das Spiel mit den Rollen verdichten sich zu einer verwirrenden Dreiecksbeziehung, die allerlei Unausgesprochenes an die Oberfläche spült. Als smarte Dokufiktion und bestechende Schauspielarbeit seziert PARA:DIES Geschlechterstereotype und toxische Beziehungsgeflechte in Zeiten von Selbstdarstellungszwang und Selbstausbeutung. Wenn Jasmin in die Kamera blickt und sagt: „Ich glaub schon, dass es immer eine Person gibt, die mehr liebt. Im Normalfall bin das halt ich“, offenbart sich, wie nah Schmerz, Scham und Liebe in einer koabhängigen Beziehung beieinanderliegen.
(Katalogtext, ast)