Diagonale
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Zusammenleben
Dokumentarfilm, AT 2021, Farbe, 90 min.
Diagonale 2022

Regie, Buch: Thomas Fürhapter
Kamera: Judith Benedikt, Thomas Fürhapter, Klemens Koscher
Schnitt: Dieter Pichler, Thomas Fürhapter, Philipp Mayer
Sounddesign: Tong Zhang, Lara Zill
Weitere Credits: Zusätzliche Kamera: Simon Graf, Marianne Borowiec Tonmeister: Andreas Hamza, Ines Vorreiter Dramaturgie: Bernadette Weigel Kameraasisstenz: Birgit Obkircher, Simon Graf, Manuel Zauner Produzenten: Ralph Wieser, Thomas Fürhapter Producer: Susanne Berger Herstellungsleitung: Georg Misch Produktionskoordination: Chiara Straka Farbkorrektur: Klaus Pamminger VFX: Klaus Pamminger, Philipp Mayer Mischung: Manuel Grandpierre
Produzent:innen: Ralph Wieser, Thomas Fürhapter
Produktion: Mischief Films - Verein zur Förderung des Dokumentarfilms & Co KG
Koproduktion: Electric Shadows Laufbilderzeugungsanstalt (AT)

 

Welche Vorstellungen habe Migrant*innen von Wien und Österreich, welche Informationen und „Werte“ werden in Integrationskursen angesprochen, welche bleiben ausgespart? Thomas Fürhapter dokumentiert Kurse, in denen sowohl Rechtliches als auch ganz Privates zur Sprache kommt. Zwischen Kulturvermittlung und Gesprächskreis entsteht ein komplexes Dokument von Vielfalt, samt den mit ihr einhergehenden mannigfaltigen Irritationsmomenten und Herausforderungen.

„Wien ist eine internationale Großstadt, die von unterschiedlichen Lebensstilen, Weltanschauungen und Auffassungen geprägt ist. Junge und alte Menschen, Frauen und Männer, Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung, hier Geborene und Zugewanderte, Menschen mit und ohne Behinderungen leben in Wien zusammen“, heißt es auf der Website refugees.wien unter dem Reiter „Zusammenleben“. Prominent prangt das Plakat des Projekts gleich zu Beginn von Thomas Fürhapters Film an einer Tür. Eine Kamerafahrt führt durch die Gänge des CORE-Zentrums im 15. Wiener Gemeindebezirk, wo Vereine, zivilgesellschaftliche Initiativen und Geflüchtete selbst Integrationsangebote umsetzen. In Zusammenleben werden zahlreiche jener Kurse dokumentiert, während sich Kamerafrau Judith Benedikt ganz auf die Gesichter der Teilnehmer*innen konzentriert: Sie schauen mal ratlos, dann interessiert, fragend, skeptisch, nicht selten amüsiert. Vertreter*innen des jeweiligen Kulturraums sorgen für Aufklärung: Welche Gepflogenheiten chinesischer Migrant*innen werden in Österreich eher ungern gesehen? Warum sollten sich Personen aus Russland in den ersten Jahren lieber etwas mit dem Alkohol zurückhalten? Wie viel Geld muss ein Ehepaar selbst erwirtschaften, um im Land bleiben zu können?
Die Veranstaltungen sind informativ, bieten vor allem aber auch Gelegenheit zum Austausch. Eine Frau, die mit ihrer Familie nach Europa geflüchtet ist, beklagt, dass ihr Sohn in der Schule als Terrorist bezeichnet würde. Rückhalt vonseiten der Lehrkräfte gebe es keinen – die Kinder erlaubten sich doch nur einen Spaß. Andere sind enttäuscht ob der nahezu gänzlich verschwundenen Willkommenskultur, die sich bei der Ankunft noch in Form von Keksen und Heißgetränken präsentiert hatte. Jemand berichtet, dass er es vermeide, in den öffentlichen Verkehrsmitteln zu telefonieren, weil er die Fahrgäste mit seinem Arabisch nicht verschrecken wolle. Auf der anderen Seite entsteht auch ein Bild der Wiener*innen, das durch die Erklärungen der Dozierenden recht anschaulich wird: Es handle sich um einen eher distanzierten Typus Mensch, der es vermeiden würde, seine Meinung direkt kundzutun, und zu dem der Kontaktaufbau schwierig sei. Dabei wird schnell klar: Autochthone Wiener*innen kann es in einer Stadt, deren Bevölkerung zu nahezu fünfzig Prozent aus Menschen mit migrantischem Hintergrund besteht, kaum geben. So ist Zusammenleben vor allem auch ein Dokument von Vielfalt, samt den mit ihr einhergehenden mannigfaltigen Irritationsmomenten und Herausforderungen.
(Katalogtext, cw)

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