Diagonale
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GROSSE FREIHEIT
Spielfilm, AT/DE 2021, Farbe, 117 min., OmeU
Diagonale 2022

Regie: Sebastian Meise
Buch: Thomas Reider, Sebastian Meise
Darsteller:innen: Franz Rogowski, Georg Friedrich, Anton von Lucke, Thomas Prenn
Kamera: Crystel Fournier
Schnitt: Joana Scrinzi
Originalton: Jörg Theil
Musik: Nils Petter Molvær, Peter Brötzmann
Sounddesign: Atanas Tcholakov, Manuel Meichsner
Szenenbild: Michael Randel
Kostüm: Tanja Hausner, Andrea Hölzl
Weitere Credits: Maske: Heiko Schmidt, Roman Braunhofer, Kerstin Gaecklein Casting: Eva Roth, Benjamin Roth
Produzent:innen: Sabine Moser, Oliver Neumann, Benny Drechsel
Produktion: FreibeuterFilm
Koproduktion: Rohfilm Productions (DE)

 

Beinahe sein ganzes Leben verbringt Hans Hoffmann (Franz Rogowski) von den 1940er- und bis in die 1970er-Jahre im Gefängnis. Sein Verbrechen: Er ist homosexuell. Mit dem Insassen Viktor (Georg Friedrich) verbindet ihn eine unwahrscheinliche Freundschaft, die beiden Hoffnung gibt. Ein melancholischer, intimer Film, nicht zuletzt zutiefst ergreifend durch das vielschichtige Spiel seiner beiden Hauptdarsteller.

Die Mondlandung am 20. Juli 1969 wurde kaum je spektakulärer inszeniert als in Sebastian Meises Film GROSSE FREIHEIT. Nämlich mit der paradoxen Wucht der Beiläufigkeit, durch die eine viel bedeutsamere Sache schmerzhaft in den Vordergrund tritt: Zur exakt selben Zeit sitzt Hans Hoffmann (Franz Rogowski) aufgrund seiner Homosexualität im Hochsicherheitstrakt eines deutschen Gefängnisses. Den „großen Schritt für die Menschheit“ verfolgt er über einen Fernsehbildschirm. „Ich hab mir das aufregender vorgestellt“, sagt sein Zellennachbar Viktor (Georg Friedrich), und der Satz ist gleichermaßen Rückgriff wie Vision.
Der Paragraf 175 (in Österreich Paragraf 129), der in Deutschland erst 1994 abgeschafft wurde, hängt schwer wie Blei an Hans’ gesamtem Leben: Homosexualität ist ein Verbrechen, wird mit Höchststrafen geahndet. Durch halbdurchlässige Spionspiegel erstellt die eifrige Sittenpolizei auf öffentlichen Männertoiletten heimlich Filmaufnahmen, die vor Gericht als Beweismittel dienen. Meises Film beginnt mit einer solchen, vor Ambiguität berstenden Szene, wechselt zwischen Rückblenden in die Zeit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg und Gegenwartsszenen, die bis in die 1970er-Jahre reichen: Hans ist fast immer im Gefängnis. Der Insasse Viktor begegnet ihm in verschiedenen Stationen, zwischen ihnen entwickelt sich eine unwahrscheinliche und von beider Suche nach Liebe geprägte intensive Beziehung.
Persönliches und Politisches werden in diesem zutiefst melancholischen Film nicht zuletzt durch das vielschichtige Zusammenspiel von Rogowski und Friedrich als unbedingt reziproke dys/funktionale Systeme verhandelt. Irgendwann scheint die Zeit voranzuschreiten – und tatsächlich auch der Mensch. Hans wird entlassen, doch die Freiheit wurde ihm genommen. Womöglich das Traurigste, das Meises Film (Österreichs Oscar-Kandidat 2022) verdeutlicht: Die Abwesenheit von Repression bedeutet noch keine Autonomie. Das Aufsperren von Gefängnistoren nicht das Ende des Gefangenseins.
(Katalogtext, az)

Soulful, stirring (... ) An exquisite marriage of personal, political and sensual story telling.
(Guy Lodge, Variety)

Intensiv, schockierend und wunderschön.
(David Rooney, The Hollywood Reporter)

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