Besuch im Bubenland
Dokumentarfilm, AT 2024, Farbe, 92 min., OmeU
Diagonale 2024
Regie, Buch, Kamera, Originalton: Katrin Schlösser
Schnitt: Dieter Pichler
Sounddesign: Peter Kutin
Produzent:innen: Barbara Pichler, Gabriele Kranzelbinder
Produktion: KGP Filmproduktion
Im südlichen Burgenland scheint die Zeit stillzustehen. Nicht nur für den sanften Tourismus, sondern auch für jene Männer, die Katrin Schlösser in ihrem eindrucksvollen Dokumentarfilm besucht. Die im Titel genannten „Buben“ unterschiedlichen Alters erzählen von ihrer Arbeit, ihrem Alltag, den Familien und vor allem von den Veränderungen, die ihnen ein neues Bild von Männlichkeit abverlangen. Von einem Wandel, mit dem sie sich auseinandersetzen müssen.
Im südlichen Burgenland, im Bezirk Jennersdorf, wo vereinzelte Höfe sich in das hügelige Umland der Raab schmiegen, wohnen sie. Die Buben, die Regisseurin Katrin Schlösser besucht und denen sie Fragen zu ihrem Leben und ihren Wünschen stellt. Wobei der Begriff „Buben“ eine Spitzfindigkeit ist. Schlössers Blick wandert sowohl zu den älteren Semestern als auch zu den Jungen, die in der dünn besiedelten Region ausharren.
Die Geschichten, die diese Buben – Bauern, Hufschmiede, Tischler, Künstler, Bürgermeister und Händler – erzählen, sind so unterschiedlich wie auch kohärent in ihren Inhalten. Es sind Geschichten von Männern, die oft als Nachkommen der Kriegsgeneration in elterlicher Abwesenheit und eingedrillter Härte aufwuchsen. Die oft selbst viel zu jung Väter wurden und Jahre später keinen Kontakt mehr mit den Kindern haben. Die an Beziehungen scheiterten, weil sie Bedürfnisse nicht kommunizieren konnten. Vielleicht also doch Buben, die in einem Kreislauf aus Generationentraumata und Peter-Pan-Syndrom gefangen sind.
Es sind Wienpendler, Grenzgänger aus dem steirischen Fürstenfeld, die über das Wochenende heimkommen. Karriere-Hoffungsvolle, die Fußballer oder Banker hätten werden können. Alle hat es zurück in die Heimat gezogen. „Keinen Bezug“ habe man in der Ferne. „Die Gemeinschaft hier ist ein Traum.“
Schlösser nimmt nie den Blick der Außenseiterin ein. Sie führt durch die Gespräche, stellt pointierte Fragen, wartet das Schweigen ab. Sie ist Teil dieser Gemeinschaft, ihr Blick auf die Menschen ist von persönlichem Interesse geprägt. Mit Feingefühl fängt sie die Idylle der Region ein und die Ruhe, die nur vom gelegentlichen Vogelruf, von Kuhglocken oder dahinruckelnden Traktoren durchbrochen wird. Und von den Menschen, die scheinbar in einer Oase der Selbstruhe leben. Wo unter der Oberfläche das Verlangen und die Enttäuschung jedoch dicht miteinander verstrickt sind. (Susanne Gottlieb)