Beziehungs:szenen
Dokumentarfilm, AT 2024, Farbe, 80 min., OmeU
Diagonale 2024
Regie, Buch, Szenenbild, Kostüm: Annja Krautgasser
Darsteller:innen: Matthias Böhm, Joachim Brandl, Nina Fog, Alexander Linhardt, Christina Reichsthaler, Sophie Resch, Juliane Zöllner, Lilith Friedmann (Voice-over)
Kamera: Martin Putz, Katharina Simunic
Schnitt: Julia Sternthal
Originalton: Sebastian Meyer, Ursula Winterauer
Weitere Credits: Regieassistenz: Gerald Straub; Dramturgische Beratung: Chris Michalski; Familienaufstellung: Stella Hiesmayr; Casting: Julia Reiter; Maske: Nora Eglesz, Katja Hofer; Aufbauteam: Gerald Straub, Wolfgang Oblasser
Produzent:innen: Annja Krautgasser
Produktion: Annja Krautgasser
Oft spricht man in der Familie nicht über die eigenen Probleme, sondern lebt in oberflächlicher Harmonie nebeneinanderher. Annja Krautgasser wagt ein spannendes filmisches Experiment und inszeniert in ihrer Versuchsanordnung bewusst die eigene Familienkonstellation vor laufender Kamera. Beziehungs:szenen setzt sich mit unterschiedlichen Rollenzuschreibungen, gegenseitigen Erwartungen und Abhängigkeiten innerhalb des familiären Systems auseinander – und stellt Fragen, die in Familien meist nicht thematisiert werden.
Oft spricht man in der Familie nicht über die eigenen Probleme, sondern lebt in oberflächlicher Harmonie nebeneinanderher. Was sind die Themen, die das Gegenüber wirklich beschäftigen? Traut man sich, darüber mit denen zu reden, die einer:einem am nächsten sind? Und wie sehr kann man sich in sie einfühlen?
In Beziehungs:szenen wagt Annja Krautgasser ein spannendes filmisches Experiment und inszeniert vor laufender Kamera eine Familienaufstellung, in der sich ihre Eltern, ihr Ehemann, ihr Bruder und ihre Halbschwester fiktiv begegnen. Schauspieler:innen übernehmen den Part der jeweiligen Familienmitglieder der Regisseurin. Die Begegnung wird angeleitet von Nina Fog, die als Therapeutin den Rahmen für die emotionalen Diskussionen und die intensive Innenschau der Figuren schafft.
So bricht Sophie Resch als Alva in Tränen aus, als sie von ihrer Überforderung und Überlastung, von einem bindungsgestörten Kleinkind und vom uneinsichtigen Ehemann berichtet. Bei ihrer Mutter Elfriede, die Christina Reichsthaler als tough anlegt, stößt Alva auf Unverständnis; bei ihrem despotischen Vater Herbert, der in der Aufstellung von Matthias Böhm verkörpert wird, löst ihr Verhalten regelrechte Hasstiraden auf Frauen aus.
Krautgassers Versuchsanordnung, die von einer psychosozialen Beraterin begleitet wird, hebt komplexe Beziehungsstrukturen innerhalb des familiären Systems hervor und setzt sich mit unterschiedlichen Rollenzuschreibungen, gegenseitigen Erwartungen und Abhängigkeiten auseinander. Oftmals werden normative Vorstellungen unbewusst von einer Generation an die nächste weitergegeben und Konflikte nicht angesprochen. Indem sich die Teilnehmer:innen der Familienaufstellung einander annähern, sich gegenseitig nachempfinden oder aufeinander wütend werden, kommen erstaunliche Aspekte der dargestellten Persönlichkeiten zum Vorschein, während sich emotionale Bindung und Dialog als Fundamente funktionierender Beziehungen herausstellen. Obwohl die Figurenkonstellation auf der Familie der Regisseurin beruht, bekommt der Film damit eine allgemeingültige Aussage. (Anna Steinbauer)