Diagonale
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Restoration
Dokumentarfilm, DE 2023, Farbe, 72 min., eOmdU
Diagonale 2024

Regie, Originalton: Gudrun Gruber
Buch: Gudrun Gruber, Sabrina Banks
Darsteller:innen: Sabrina Banks, Darnell Cotton u.a.
Kamera: Bernd Effenberger
Schnitt: Sophie Oldenbourg
Musik: Dominik Giesriegl
Sounddesign: Andrew Mottl
Produzent:innen: Gudrun Gruber
Produktion: NeoSolaris Filmproduktion
Koproduktion: Hochschule für Fernsehen und Film München (HFF)

 

Mehr als ein Jahrzehnt nach einer Gewalterfahrung rebelliert Sabrinas System. Nichtepileptische Krampfanfälle und posttraumatische Symptome rauben ihr Freiheit und Mobilität. Ihr Vater, der in Detroit eine Autowerkstatt besitzt, und ihr Mann bilden einen Schutzkokon um die junge Frau, doch Schuldfragen rund um ihre Erkrankung bleiben bestehen. Gudrun Gruber begleitet die Familienmitglieder in ihrem Alltag: bei der Reflexion über die Vergangenheit und beim Versuch der Wiederherstellung eines zerbrochenen Selbst.

„Faith does not make things easy, it makes them possible“, steht in geschwungenen Buchstaben an der Wand in Sabrinas Detroiter Wohnung. Und tatsächlich ist ihr Glaube eine zentrale Stütze in ihrem von posttraumatischer Belastung gezeichneten Leben. Offen spricht sie über den Tag, an dem sie vergewaltigt wurde. Darüber, wie sie Trost bei ihrer Stiefmutter suchte und Gleichgültigkeit fand, darüber, dass sie seit dem Ereignis vor zehn Jahren kaum mehr das Haus verlassen kann, geschweige denn allein. Gudrun Gruber lässt Sabrina ihre eigene Geschichte erzählen – mal frontal vor der Kamera, mal im Voice-over – und montiert sie mit Interviews mit ihren Familienmitgliedern.

Dabei zeigt sich, dass Sabrinas Gewalterfahrungen auch von einem intergenerationellen Trauma herrühren. Einst musste ihre Mutter als alleinerziehende Teen Mom das Geld für die Familie verdienen, während der Vater zwischenzeitlich im Gefängnis saß. Heute bereut er, seine Kinder nicht gut behandelt zu haben. So wie schon er von seinen Eltern nicht gut behandelt wurde, die in den Fünfzigerjahren nach Detroit zogen, als die Stadt noch „up-and-coming for black people like us“ war. Dass vom aufstrebenden Detroit dieser Epoche nicht viel übrig geblieben ist, erzählen auch die Kamerafahrten entlang verfallener Straßenzüge.

Gruber und ihr Team begleiten Sabrina beim Aufsuchen dieser Ruinen, in denen ihr Schlimmes widerfahren ist und die sie doch nicht loslassen kann. Vielleicht weil sich hier die Geister der Vergangenheit besser einkreisen lassen. Vielleicht weil sie sich davon verspricht, auf diese Weise ihr zerbrochenes Selbst wieder zusammenzusetzen. Letzteres scheint ihr vor allem durch aktivistische Arbeit gemeinsam mit anderen Betroffenen zu gelingen. Und auch Grubers Film ist mehr als das Porträt eines Einzelschicksals. Schon allein weil es an die Kraft relationalen Erzählens, also das Versammeln von Stimmen, glaubt, um Sabrinas Geschichte als Drama einer verfallenden Gesellschaft zu erzählen, ohne dabei die Protagonistin aus den Augen zu verlieren. (Eva Königshofen)

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