Veni Vidi Vici
Spielfilm, AT 2024, Farbe, 86 min., OmeU
Diagonale 2024
Regie: Daniel Hoesl, Julia Niemann
Buch: Daniel Hoesl
Darsteller:innen: Laurence Rupp, Ursina Lardi, Olivia Goschler, Kyra Kraus, Tamaki Uchida, Dominik Warta, Markus Schleinzer
Kamera: Gerald Kerkletz
Schnitt: Gerhard Daurer
Originalton: Claus Benischke-Lang
Musik: Manuel Riegler, Gerhard Daurer
Sounddesign: Andreas Pils, Gerhard Daurer
Szenenbild: Johannes Salat
Kostüm: Anaïs Horn, Marcus Karkhof
Produzent:innen: Ulrich Seidl
Produktion: Ulrich Seidl Filmproduktion
Sie wissen, was sie tun. Amoralische Superreiche jagen arme Sans Papiers in einem Spiel um Leben und Tod. In ihrer Satire zeigen Daniel Hoesl und Julia Niemann: Grausamkeit ist Lustgewinn aus dem Leiden der Anderen. Veni Vidi Vici ist eine sarkastische Anklage von Dekadenz und Whitewashing durch Achtsamkeits- und Diversitätsrhetorik, aber auch ein Spiel mit der Lust am Verbotenen – sowie mit der Lust des Publikums. Insofern ist dies ein Film, der uns alle in die Verantwortung nimmt.
In diesem Film sind Tatortreiniger:innen mehr als einmal gefragt. Denn Patriarch Amon Maynard (Laurence Rupp) würde keinem Tier etwas zuleide tun, Menschen allerdings schon. Und so jagt dieser amoralische Superreiche beliebige Personen in einem Spiel auf Leben und Tod. Für seine Work-Life-Balance. Er ist sich sicher, straffrei alles tun zu können, was er will. Um dieses Mindset geht es, von Leuten wie Elon Musk, Jeff Bezos und Donald Trump, der, bevor er 2016 zum Präsidenten der USA gewählt wurde, prahlte: „Ich könnte mitten auf der Fifth Avenue stehen und jemanden erschießen, und ich würde keine Wähler:innen verlieren.“
Amon und seine Frau Viktoria (Ursina Lardi) mögen nicht nur Mozart, sie lesen auch die Autorin Ayn Rand, die in ihren Büchern Turbokapitalismus und radikalen Individualismus verteidigte. Mit ihrem entwaffnenden Lächeln und ihrem Beruf als Anwältin der Erniedrigten verleiht Viktoria der Familie eine positive Außenwirkung, die von zwei kleinen nichtweißen Adoptivkindern noch verstärkt wird. Die älteste Tochter, Paula, kommentiert die Ereignisse aus dem Off – und bringt uns die „schweren Entscheidungen“ näher, die ihr Vater treffen musste.
Man lernt schnell: Alle wissen, was sie tun. Grausamkeit ist Lustgewinn aus dem Leiden der anderen. Mehr oder weniger sind wir alle verführbar, Mitmenschen zu quälen. Geld ist kein Selbstzweck, sondern die Macht des Geldes verleiht die Möglichkeit, sich freizukaufen von Schuld und Sühne.
Daniel Hoesl und Julia Niemann machen aus ihrem Fasziniertsein von der Welt der oberen Zehntausend kein Hehl und scheuen auch vor Grenzüberschreitungen nicht zurück. Für das Kino ist das ein Glücksfall. Veni Vidi Vici hält der privilegierten Wohlstandsgesellschaft und der Unberührbarkeit der Reichen und Mächtigen den Spiegel vor. Weitwinkelaufnahmen erzeugen Distanz und formulieren eine sarkastische Anklage von Dekadenz und Whitewashing durch Achtsamkeits- und Diversitätsrhetorik. Gleichzeitig spielt der Film mit der Lust am Verbotenen – auch des Publikums. Womit wir hier alle in die Verantwortung genommen werden. (Rüdiger Suchsland)
Präsentiert von Radio FM4