Diagonale
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Mädchen in Uniform
Spielfilm, DE 1931, Schwarzweiß, 88 min., dOF
Diagonale 2024

Regie: Leontine Sagan
Buch: Christa Winsloe, F. D. Andam nach Winsloes Bühnenstück „Gestern und Heute"
Darsteller:innen: Hertha Thiele, Dorothea Wieck, Emilia Unda, Ellen Schwannecke, Erika Mann, Hedwig Schlichter
Kamera: Reimar Kuntze, Franz Weihmayr
Schnitt: Oswald Hafenrichter
Musik: Hansom Milde-Meißner
Weitere Credits: Künstlerische Oberleitung: Carl Froelich
Produktion: Deutsche Film-Gemeinschaft (Berlin)

 

Soldatentochter und weinen? Geht gar nicht! Manuela kommt nach dem Tod ihrer Mutter in ein Mädchenpensionat, in dem Hunger und Disziplin herrschen. Nur die schwärmerische Verehrung für ihre Lehrerin macht ihr diese Internatswelt erträglich. Als sie offen ihre Liebe zu der Erzieherin bekennt und der Eklat perfekt ist, will Manuela sich das Leben nehmen. Ein engagiertes Zeitstück zu einem Thema, das in den Dreißigerjahren noch gesellschaftlich verpönt ist. Von der konservativen Ufa abgelehnt, entsteht der Film als unabhängige Produktion einer Filmkooperative.

Was heute gang und gäbe ist: dass bekannte Schauspielerinnen ins Regiefach wechseln – siehe Greta Gerwig, siehe Valeria Bruni Tedeschi, siehe Karoline Herfurth –, hat Leontine Sagan als eine der Allerersten vorgemacht. Von der Bühne in Breslau und Wien nach Berlin kommend gelang ihr 1931 mit ihrem Kinoregiedebüt Mädchen in Uniform ein durchschlagender internationaler Erfolg.

Nach dem Tod ihrer Mutter wird die 14-jährige Manuela von Meinhardis (Hertha Thiele), Tochter eines Offiziers, von einer Tante in eine Erziehungsanstalt verbracht, in der preußischer Drill als oberste Maxime den Zöglingen das Leben schwer macht. Als einzige Lehrerin widersetzt sich Fräulein von Bernburg (Dorothea Wieck) dem strengen Regime der Oberin und wird dafür von den pubertierenden Mädchen schwärmerisch verehrt. Manuela nutzt jede Gelegenheit, ihrem Idol nah zu sein, wartet im Schlafsaal vor dem Zubettgehen sehnsüchtig auf den allabendlichen Gutenachtkuss. Sie fühlt sich in ihrer Zuneigung bestätigt, als die Lehrerin ihr, die nur noch zerschlissene Sachen hat, eines ihrer eigenen Unterhemden vermacht. Nach einer Schultheateraufführung – Manuela spielt den Don Carlos – kommt es zum Eklat, als sie, berauscht vom Erfolg und von einer Bowle, vor versammelter Clique ihre Liebe zu Fräulein von Bernburg gesteht. Nun greifen die Oberin und ihre willigen Helferinnen mit aller Härte durch.

Die zeitgenössische Kritik war hingerissen. Siegfried Kracauer fand die Regie „voller reizender filmischer Einfälle“ (Frankfurter Zeitung, 1.12.1931), und Lotte Eisner jubelte nach der Premiere im Film-Kurier: „Das fast Unglaubliche, hier wirdʼs Ereignis: ein Film, in dem nur Frauen agieren, packt, weil dieser Film alle angeht, weil er ein menschliches Thema sozial ausschöpft, unsentimental, über private Belange hinaus. Es geht um Menschentum, um Hintergründe eines Systems. Vergangene Welt? Oh, nein! Gestern und heute ist sie!“

Beim Dreh arbeitete Leontine Sagan eng mit Carl Froelich zusammen, einem früheren Kameramann, der die Produktion auf die Beine gestellt hatte und als künstlerischer Oberleiter zeichnete. Sagans persönliche Handschrift wird besonders in der sensiblen Führung des ausschließlich weiblichen Ensembles spürbar, das mehrere Wochen, bevor es mit dem Filmen losging, täglich morgens in ihrer Wohnung probte.

Mädchen in Uniform, der heute als Meilenstein des LGBTQ+-Kinos gilt, wurde wiederholt von der Zensur beanstandet, 1934 schließlich von den Nazis verboten und nur noch zur Vorführung im Ausland zugelassen. Dort fand der Film weiterhin ein begeistertes Publikum. (Brigitte Mayr / Michael Omasta)

Mit einer Einführung von Brigitte Mayr
Kuratiert von SYNEMA

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