Ne naginji se van / Nicht hinauslehnen
Spielfilm, YU 1977, 106 min., OmeU
Diagonale 2024
Regie: Bogdan Žižić
Buch: Krunoslav Quien, Bogdan Žižić
Darsteller:innen: Ivo Gregurević, Fabijan Šovagović, Mira Banjac, Jadranka Stilin
Kamera: Branko Blažina
Schnitt: Martin Tomič
Originalton: Božo Kramarić
Musik: Ozren Depolo
Szenenbild: Želimir Zagotta
Kostüm: Jasna Novak
Produzent:innen: Sulejman Kapić
Produktion: Croatia Film
Koproduktion: Jadran Film
Die Prahlereien eines nach Deutschland ausgewanderten Nachbarn, der gerade Urlaub in seinem jugoslawischen Heimatdorf macht, wecken in Filip Zaja die Hoffnung auf ein Paradies auf Erden. Wenig später sitzt er im Zug nach Frankfurt. Doch schon kurz nach der Ankunft verliert er alle Illusionen. Auf Zajas Spuren taucht Bogdan Žižić ein ins Frankfurt der Siebzigerjahre und zeichnet nach, wie die Hoffnungen jugoslawischer Arbeitsmigrant:innen auf die bittere westdeutsche Realität treffen.
Die Prahlereien eines nach Deutschland ausgewanderten Nachbarn, der gerade seinem Heimatdorf in Jugoslawien einen Besuch abstattet, wecken in Filip Zaja die Hoffnung auf ein Paradies auf Erden, das er in der Bundesrepublik vermutet. Wenig später sitzt er im Zug nach Frankfurt. Doch schon die Ankunft in der Fremde ist alles andere als vielversprechend. Der Taxifahrer fährt ihn vom Hauptbahnhof zweimal um den Block, bevor er ihn schräg gegenüber vom Bahnhofsgebäude wieder absetzt; im Hotel stellt er fest, dass sich im Zimmer nebenan eine junge Frau, wie er aus Jugoslawien, erhängt hat. In der Folge lernt er weitere Menschen kennen, die vom Balkan nach Deutschland gekommen sind, darunter den windigen Arbeitsvermittler Cikes Jero. Und schon bald arbeitet Zaja für Jero ohne Pass und Papiere auf einer Baustelle in der Frankfurter Innenstadt.
Mit seinen Protagonist:innen taucht der kroatische Regisseur Bogdan Žižić ein in die Gesellschaft der Auswanderung und untersucht das komplexe Verhältnis der jugoslawischen Arbeitsmigrant:innen zu ihrer alten und ihrer neuen Heimat. Nüchtern und stilistisch zurückhaltend zeigt er beengte Wohnverhältnisse und allgegenwärtige Ausbeutung, räumt aber der Musik und Schlagern bei der Beschreibung und Begleitung des Alltags eine wichtige Rolle ein.
Für Hauptdarsteller Ivo Gregurević (Filip) markierte Nicht hinauslehnen die erste Rolle in einem Spielfilm und den Beginn einer langen Karriere. Žižić wiederum gewann mit seinem Werk 1977 den Hauptpreis beim Filmfestival in Pula, den er schon zwei Jahre zuvor für sein Spielfilmdebüt Kuća / Kalkulierte Liebe erhalten hatte. Davor hatte Žižić ab Anfang der Sechzigerjahre eine Reihe kurzer Dokumentarfilme realisiert und als Dramaturg für das Studio Zagreb Film gearbeitet, dessen Leitung er 1984 übernahm. In Westdeutschland wurde Nicht hinauslehnen kaum zur Kenntnis genommen, in Österreich war der Film 1978 auf der Viennale zu sehen. In diesem Jahr hatte er außerdem einen regulären Kinostart in der DDR, in einer deutsch synchronisierten Fassung; zwei Jahre später lief er dort auch im Fernsehen. (Fabian Tietke)