
Un gran casino
Innovatives Kino, AT 2025, DCP, 77 min, OmeU, OmdU
Das in Campione d’Italia, einer italienischen Exklave in der Schweiz, gelegene Casino Municipale war einst der größte Spieltempel Europas. Heute wirkt es wie das Monument eines untergegangenen Reichs. Den Stationen in Dantes
Göttlicher Komödie
folgend entfaltet Daniel Hoesl einen beschwörenden Essay über die Verbindungen von Glücksspiel, Finanzkapitalismus und Religion. Das Casino selbst wird dabei zum (italienisch sprechenden) Chronisten ihrer wechselvollen Geschichte. Apocalypse or revolution?
Das in Campione d’Italia, einer italienischen Exklave in der Schweiz, gelegene Casino Municipale thront wie das Monument eines untergegangenen Reichs am Ufer des Lago di Lugano. 2019 ging der einst größte Spieltempel Europas in Konkurs,die kleine Gemeinde geriet in ein wirtschaftliches Desaster. Doch die Losung „Rien ne va plus“ währte nur kurz: Nur drei Jahre später wurde das Casino wiedereröffnet. Und weitere drei Jahre später bringt es Daniel Hoesl zum Sprechen: „Io sono ancora qui“ (Ich bin immer noch da).
Den Stationen in Dantes
Göttlicher Komödie
folgend (Inferno, Purgatorio und Paradiso) entfaltet sich
Un gran casino
(auf der Grundlage eines Texts des Dramatikers Thomas Köck) zum beschwörenden Essay über die Verbindungen von Glücksspiel, Finanzkapitalismus und Religion. Das Rouletterad gibt den Denkbewegungen einen zirkulären Rhythmus vor, den Refrain schreiben geflügelte Wörter, Finanzjargon und Croupiersprech.
Nach seinem Spielfilm
Veni Vidi Vici
nimmt Daniel Hoesl die Fäden zu den experimentellen Anfängen seines Werks auf. Zu stilisierten Miniaturen und Raumbetrachtungen, die die Dimensionen des vom Tessiner Stararchitekten Mario Botta entworfenen Gebäudes bemessen, legt Sandra Ceccarelli als Meisterin „La campionessa d’Italia“ dessen Zeitschichten frei. Dabei zeichnet sie die Chronik eines Metiers, das sich im Zuge von Digitalisierung und neoliberaler Ökonomie zunehmend entkörperlicht hat: „Ich bin die Kirche, die niemand mehr aufsucht.“ Vor dem Casino erstreckt sich ein verwaister Parkplatz. Ein Spieler tritt auf. „Apocalypse or revolution?“, fragt der Schwarzweißfilm mit einem Song von Ja, Panik.
Während Geld vernichtet wird und sich neue Werte herausbilden, schwebt über allem irrationalen Geschehen die „unsichtbare Hand“: eine vermeintlich unbestimmte, gar göttliche Instanz, die die Kapitalströme ordnet und reguliert. Auch Engel zählen in diesem düsteren Reich zum festen Personal. (Esther Buss)
Buch: Daniel Hoesl, Thomas Köck basierend auf einem Text von Thomas Köck
Darsteller:innen: Sandra Ceccarelli, Christina Andrea Rosamilia, Andreas Spechtl
Kamera: Sven Zellner
Schnitt: Gerhard Daurer
Originalton: Andreas Pils, Marco Monti, Guido Lombardo
Musik: Andreas Spechtl / Ja, Panik
Sounddesign: Gerhard Daurer
Produzent:innen: Georg Aschauer, Daniel Hoesl
Produktion: European Film Conspiracy
Weltvertrieb: European Film Conspiracy
Gefördert von: BMKÖS – innovative film
Land Niederösterreich
Stadt Wien MA 7
ÖFI – Österreichisches Filminstitut
ÖFI+
in Zusammenarbeit mit ORF Film/Fernseh-Abkommen
Uraufführung: International Film Festival Rotterdam 2025
Österreichische Erstaufführung: Diagonale '25
Produktionsformat: digital