
The Slow Business of Going
Spielfilm, GR/US 2000, DCP, 101 min, OmeU
Ihr Name ist Programm: Petra Going (Lizzie Curry Martinez) ist unterwegs. Sie springt zwischen Hotelzimmern und Zeiten, von einer Stadt zur anderen und einem Jahr zum nächsten. Ihre Mission: Erfahrungen sammeln, die in eine Datenbank geladen werden. In Athina Rachel Tsangaris quirligem Spielfilmdebüt bereist die Heldin nicht nur den Globus, sondern auch ein kollektives Gedächtnis aus Bildern, die sich um die Jahrtausendwende zunehmend global – und auf immer absurdere Art – vernetzen.
Petra Goings Name ist Programm. Geboren auf einem Flug zwischen Mexico City und Athen und ohne festen Wohnsitz, ist sie stets unterwegs. Als Welt- und Zeitreisende wechselt sie zwischen Städten, Hotelzimmern und Jahren – und das nicht unbedingt in chronologischer Reihenfolge. Auf Aufenthalte in Houston 2000, Manhattan 1994 und Thessaloniki 1995 folgen Abstecher nach Prag, Mexico City und Tokyo. Im Auftrag einer Agentur sammelt sie weltweit Erfahrungen, die später aus ihrem Gedächtnis „heruntergeladen“ werden. Sie selbst bezeichnet sich als „internationale Voyeurin“, die mit „Forschung und Beobachtung“ beschäftigt ist. An ihrer Seite: nervöse Männer mit unklarer Funktion sowie ein Schaukelstuhl. Der dient als alternatives Fortbewegungsmittel, mit dem andere, innere, fantastische Reisen unternommen werden können, im Rhythmus seines Schaukelns.
Worum „geht“ es in Athina Rachel Tsangaris Spielfilmdebüt? Um Petra, „going“. Um das Schaukeln zwischen Orten und Synapsen. Der Film ist ein mentales „travel log“, eine Erkundung weniger des Globus als vielmehr einer imaginären Welt aus (Bewegt-)Bildern, die sich um die Jahrtausendwende (via Internet) global vernetzen. Mit jedem Ortswechsel wechseln auch der Film und der ganze Planet: Es gibt burleske Sketche und Quasi-Stillleben, Flussfahrten und Träume, Animationen und Bild-Text-Collagen. Die Reise führt durch ein audiovisuelles persönliches wie kollektives Gedächtnis. Man denkt an Chris Markers Globetrotter-Essayfilm
Sans Soleil
, der von den Memoiren eines reisenden Kameramanns erzählt. Petras Memoiren sind jene einer global operierenden Kamera, eines sensomotorischen Aufzeichnungskörpers. Auch die polyphone Kommunikation um sie herum streift das Menschliche ab, nimmt elektronische Züge an. Alle werden zu Maschinen. Was lustig ist, prophetisch und, bei aller Verspieltheit, zutiefst verstörend. (Philipp Stadelmaier)
Buch: Daniel Aukin, Jim Davis, Matthew Johnson, Mike Martin, Lizzie Curry Martinez, Steve Moore, Tasca Shadix, Kenny Strickland, Athina Rachel Tsangari
Darsteller:innen: Lizzie Curry Martinez, Maria Tsantsanoglou, Gary Price, Kenny Strickland, Daniel Aukin, Sandra Carter, Mike Martin
Kamera: Deborah Eve Lewis
Schnitt: Leah Bowers, Kyle Henry, Matthew Johnson, Athina Rachel Tsangari
Musik: Mark Orton, Tin Hat Trio
Kostüm: Melanie Armstrong Fletcher
Weitere Credits: Art Director: Tom Dornbush
Produzent:innen: Matthew Johnson, Athina Rachel Tsangari
Produktion: Cinemanomad (US)
Koproduktion: Greek Film Center (GR)
Weltvertrieb: Haos Film
Uraufführung: Thessaloniki International Film Festival 2000
Österreichische Erstaufführung: Kunsthalle Wien 2019
Produktionsformat: digital