Weiße Bänder

Unaufhörlich schlängelt sich ein weißes Band vom Gipfel talwärts, umfließt Blumen und Fliegenpilze, tropft über Moos und von Wurzeln. Bis das sonderbare Rinnsal zum kleinen Bach wird und die Zivilisation erreicht. Ein bizarr anmutendes Naturspektakel von unheimlicher Schönheit.

Noch liegt Schnee auf dem Berggipfel, doch schon ist das Plätschern des Wassers hören. Was man in der nächsten Einstellung aber zu sehen bekommt, ist eine Flüssigkeit, die sich als weißer Faden durch den Film ziehen wird: zunächst als Rinnsal über einen Felsen, dann talwärts über Wege und durch Wälder. Blumen und Fliegenpilze werden umflossen, es tropft über Moos und von Wurzeln. Doch je näher das Weiß dem endlich im Hintergrund auftauchenden Dorf kommt, desto breiter wird es – bis es sich unaufhaltsam durch die menschenleere Zivilisation schlängelt.

Die gedankliche Vorlage für seinen Film, so Michael Heindl, seien Bilder der mit Kunstschnee aufwändig präparierten Skipisten in den Alpen, die sich oft wie weiße Bänder durch ansonsten schneefreie Berglandschaften ziehen. Das weiße Band im Film scheint hingegen kein Ende zu haben, es fließt in seiner unheimlichen Schönheit unaufhörlich dahin. Vielleicht beginnt die Rache der Natur mit einem ersten Tropfen. (Michael Pekler)