Diagonale
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Festival des österreichischen Films
27. März - 1. April 2025, Graz

FilmprogrammRegisseur:innen | Spielplan

 

Montag, 31.03.
19:30 Uhr, Schubertkino 2

Der Einzug des Rokoko ins Inselreich der Huzzis

Innovatives Kino, AT 1989, DCP, 103 min, dOF

Enttäuscht von seiner Mama, einer Wiener Prostituierten, begibt sich ein junger Mann auf eine Seereise. Die führt ihn ins Inselreich der Huzzis, die er zu unterwerfen gedenkt. Doch seine Opfer erweisen sich als überraschend renitent. Der Einzug ist eine gigantische Groteske, eine schwarzweiße Bastelwelt voller übergroßer (Sexual-)Objekte, eine Revueshow zwischen Kabuki und Varieté, Zirkus und Commedia dell’arte, Pantomime und Schattenspiel. Ein Fundus an irren Gesängen und Reimen. Und ein Triumph des Absurden.

Es ist ein grausamer Volksstamm, der uns da seinen giftigen Atem entgegenstößt. Metastasen gleich überwuchert er die Erde und verwandelt sie in einen Garten der Abartigkeiten. Dämonenglaube! Verzehr von Menschenfleisch! Nur eines erwartet diese Wilden: ewige Verdammnis. Willkommen bei den Huzzis, die ein herrischer Jugendlicher namens Maximilian M’Zimbe, Sohn einer Wiener Vorstadtprostituierten, nach langer Seereise zu unterwerfen gedenkt. Die Mama ist immer mit anderen Männern? Knechtet er halt die Huzzis! Doch die erweisen sich ihrem neuen Herrn gegenüber als „undankbar bis in den Blinddarm“. Dagegen helfen nur westliche Zivilisation (Rokoko), autoritäre Erziehung und liebevolles Massakrieren mit anschließender Massenhochzeit.

Der Einzug ist eine gigantische Groteske, eine schwarzweiße Bastelwelt voller übergroßer (Sexual-)Objekte, eine Revueshow zwischen Kabuki und Varieté, Zirkus und Commedia dell’arte, Pantomime und Schattenspiel. Die Tricks erinnern an frühe Méliès-Filme, die Nonsens-Dialoge an Dada. So ist der Film ein Fundus an irren Gesangsnummern und Reimen: vom Instant-Evergreen „Messalina, Messalina / Oh du Kaiserin von China“ über Maximilians Ankündigung „Ich brauch ein Boot / ich färbe alle Huzzis rot“ bis hin zum Selbstbekenntnis der Inselbewohner:innen „Wir sind die Huzzis und stecken in den Mund / unsere Zuzzis“. Hier reimt sich „Rokoko“ auf „Rohkost“ (beinahe) und „Hühnerstall“ auf „Überschall“ (schon etwas besser). Vor allem ist Der Einzug eine filmische Kosmogonie: Die Welt der Huzzis entsteht ebenso aus dem Schwarzweiß der Bilder und der Dekors wie das ebenso wenig zivilisierte „Andere“, auch bekannt als „Wien“, während Andreas Karner, Mara Mattuschka und Hans Werner Poschauko (fast) sämtliche Rollen, Huzzis wie Wiener:innen, selbst spielen.

„Ihr seid ja krank, ihr lebt nicht im Licht“, ruft Maximilian (Karner) den Huzzis einmal zu. Recht hat er, aber der Helligkeitsmangel nagt auch an ihm. In dieser Studiowelt gibt es keine Sonne und keine Aufklärung, nur ein grausam-schwarzes Gestirn, dessen profunde Dunkelheit Herzen, Hirne und Huzzis durchdringt und das Absurde über Inselreich wie Rokoko triumphieren lässt. (Philipp Stadelmaier)

Eine Digitalisierung des Österreichischen Filmmuseums auf Grundlage des 16mm-Originalnegativs, gefördert vom BMKÖS im Rahmen des Förderprogramms "Kulturerbe digital". 

Regie: Andreas Karner, Mara Mattuschka, Hans Werner Poschauko
Buch: Mara Mattuschka, Andreas Karner, Hans Werner Poschauko
Darsteller:innen: Mara Mattuschka, Andreas Karner, Hans Werner Poschauko, Ingeborg Konrad
Kamera: Ortrun Bauer
Schnitt: Mara Mattuschka, Andreas Karner, Hans Werner Poschauko
Originalton: Mara Mattuschka, Andreas Karner, Hans Werner Poschauko
Produzent:innen: Mara Mattuschka, Andreas Karner, Hans Werner Poschauko
Weltvertrieb: sixpackfilm
Verleih in Österreich: sixpackfilm
Uraufführung: Wien 1989