
Krieg in Wien
AT 1989, Film 16mm, 84 min, OmdU
Nachrichten über das Leben, die Liebe und den Tod verspricht der Montage- und Essayfilm, den Ulrich Seidl und Michael Glawogger von 1987 bis 1989 an der Filmakademie in Wien gedreht haben. Nicht nur der Zwischentitel „Hier und anderswo“ lässt den Einfluss von Godard erkennen. Das Verhältnis Wiens zum Rest der Welt wird durch Fernsehnachrichtensendungen bestimmt: Der Krieg in Wien ist vor allem ein Krieg der Bilder. In Wien herrscht Alltag, aber auch hier ist nicht alles perfekt.
Weltspiegel
war einmal der Name einer Nachrichtensendung im Fernsehen. Einen Weltspiegel halten auch Michael Glawogger und Ulrich Seidl 1989 der Stadt Wien vor: Katastrophen an Orten rund um den Globus erreichen die Wohnzimmer über das Fernsehen. In Zaire oder im Iran klingen die Signations der Abendnachrichten auffallend ähnlich, im Grunde wird rund um die Welt auf vergleichbare Weise gesendet. Die Wirklichkeit wird auf das Format von Nachrichtenclips gebracht. Glawogger und Seidl verstärken diesen Strom der Bilder, indem sie ihn mit eigenen Interessen und Aufnahmen anreichern. Ganz normale Wiener:innen präsentieren ihre Wohnumgebung, das Allerheiligste des privaten Lebens. Was hat das mit Saddam Hussein zu tun, dem Diktator, der im Irak einer Reihe von Helden eine Auszeichnung umhängt? Nichts und alles.
Krieg in Wien
hat Aspekte von Medienkritik, aber auch von Medienbegeisterung. Die Beziehung zwischen „Hier und anderswo“, wie es der zitierte Titel von Godards Film aus dem Jahr 1976 nahelegt, ist eine zwischen Gemütlichkeit und Konsum. Bei sich daheim sind die Menschen sicher, allerdings stehen auch hier Panzer zum Einsatz bereit. Für einen „Krieg im eigenen Land“, wie ein weiterer Zwischentitel suggeriert? Zwei Frauen, eine junge Lehrerin und eine Reiseleiterin, wirken wie Figuren aus einem Dokumentarfilm, werden de facto aber gespielt: Fingierung im Dienst einer beobachteten Wahrheit.
Krieg in Wien
ist eine virtuose Standortbestimmung: Was bedeutete es, in den späten Achtzigerjahren auf der Welt in Wien zu leben? Sitzgarnituren-Biedermeier trifft auf Desaster-Stakkato. Das Erhabene (auf Wienerisch: das Unpackbare) und das Triviale liegen eng beisammen. (Bert Rebhandl)
Buch: Michael Glawogger, Ulrich Seidl, Ortrun Bauer, Andrea Wagner, Barbara Zuber
Darsteller:innen: Karin David-Kienzer, Dagmar Schwarz, Thomas Stolzetti
Kamera: Ortrun Bauer, Hans Selikovsky, Wolfgang Thaler
Schnitt: Andrea Wagner, Ortrun Bauer
Originalton: Wolfgang Murnberger, Michael Sturminger
Produktion: Filmakademie Wien
Uraufführung: Wien 1989