Diagonale
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Festival des österreichischen Films
27. März - 1. April 2025, Graz

FilmprogrammRegisseur:innen | Spielplan

 

Samstag, 29.03.
20:15 Uhr, Schubertkino 2

Der Premiere ging eine Skandalisierung voraus, die in die heimische Fernsehgeschichte eingehen sollte. Dass Franz Novotnys Staatsoperette das konservative Lager und den Boulevard in derartiges Zornesbeben versetzen konnte, lag eben daran: Die alten Wunden unter Trachtenjanker und Soutane waren 1977 nur notdürftig versteckt – noch sollte es neun Jahre bis zur Waldheim-Affäre dauern. Eine bitterböse Satire.

Der Premiere, die am 26. Oktober 1977, dem österreichischen Staatsfeiertag, hätte stattfinden sollen und schließlich um knapp fünf Wochen verschoben wurde, ging eine Skandalisierung voraus, die in die heimische Fernsehgeschichte eingehen sollte. „Bereits vor der Ausstrahlung war die Hölle los“, schreibt Franzobel in einem Begleittext zur Jahrzehnte später erschienenen DVD-Edition. „Franz Novotny und Otto M. Zykan landeten mitten in der klerikalreaktionären Wunde Österreichs, salzten und rührten kräftig darin um.“ Dass Staatsoperette das konservative Lager und den Boulevard in derartiges Zornesbeben versetzen konnte, lag eben daran: Die alten Wunden unter Trachtenjanker („Holladoro, den Putsch, den mach i sowieso“) und Soutane („Diese roten Luder vernichten meinen staatsbaumeisterlichen Akkomodationsprozess“) waren nur notdürftig versteckt.

Mittlerweile haben sich außer „Machwerk“, „Schandproduktion“ und „Blasphemie“ natürlich genug Beschreibungen für Staatsoperette gefunden: Groteske, Burleske, Farce, „Konzentrat aus Villacher Fasching, Kasperl, Thomas-Bernhard-Dramolett, Deix-Figuren und Cabaret Voltaire“ (Franzobel). Vor allem ist das Stück, das in einer Rahmenhandlung ein unglücklicher Autor erfolglos zur Aufführung bringen möchte („Alles Historische hab ich g’strichen, nur bekannte Tatsachen kommen vor!“), eine bitterböse Satire. Auf einen Operettenstaat, der seine Vergangenheit nicht bewältigt hat und sich weigert, sich mit ihr auf den Prüfstand zu stellen. Noch sollte es neun Jahre bis zur Waldheim-Affäre dauern. Und bis dahin war es nur recht und billig, einen Aufziehkanzler auf einem Einrad aus einem Geschenkkarton radeln und einen Prälaten beim Duce zu Kreuze kriechen zu lassen. Der geschasste Autor kann mit der Abfuhr übrigens gut leben: besser gar nichts aufführen als die bekannten Tatsachen wieder einmal unter den Teppich kehren. (Michael Pekler)  

Regie: Franz Novotny
Buch: Franz Novotny, Otto M. Zykan (Text und Musik)
Darsteller:innen: Marie Therese Escribano, Emmy Werner, Erwin V. Gross, Fritz Hakl, Rudolf Jusits, Ernst Meister, Emanuel Schmied, Gerhard Steffen, Peter Turrini
Kamera: Peter Lauscher, Hans Havlik, Hans Stamminger, Helmut Stluka
Schnitt: Werner Vogel, Hildegard Leitner-Ohandjanians
Originalton: Klaus Kinzl, Karl Tromet
Musik: Otto M. Zykan
Szenenbild: Angela Hareiter
Kostüm: Heidi Melinc, Gerhard Stecharnig
Produktion: ORF
Uraufführung: 30.11.1977 (ORF)

 

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