Putty Hill
Spielfilm, US 2010, Farbe, 89 min., OmdU
Diagonale 2016
Regie, Buch: Matt Porterfield
Darsteller:innen: Sky Ferreira, Zoe Vance, James Siebor Jr., Dustin Ray, Cody Ray, Charles «Spike» Sauers, Catherine Evans, Virginia Heath, Casey Weibust, Drew Harris, Marina Siebor
Kamera: Jeremy Saulnier
Schnitt: Marc Vives
Originalton: Phil Davis, Nick Rush
Produzent:innen: Jordan Mintzer, Steve Holmgren, Joyce Kim, Eric Bannat
Produktion: The Hamilton Film Group
„Rest in Peace, Cory“ sprüht im Skatepark
jemand an die Wand. Putty
Hill umkreist den Tod des jungen
Mannes und zeichnet ein liebevolles
Porträt einer Community an Baltimores
Peripherie. Der Film war Sebastian Brameshuber eine wichtige Referenz für seinen Film Und in der
Mitte, da sind wir.
Putty Hill startet mit Bildern von maskierten,
Paintball spielenden Gestalten. Als ich den Film
2010 sah, lag die von Jugendlichen mit Softguns
ausgeführte „Störaktion“ während der KZ-Befreiungsfeier
von Ebensee – die mein Film Und in der
Mitte, da sind wir umkreisen sollte – eineinhalb Jahre
zurück. Drei Jahre zuvor waren Fotos des jungen
Heinz-Christian Strache bei Wehrsportübungen aufgetaucht
– aus der Zeit, als Waldheims Erinnerung
selektiv versagt hatte. Ähnlich angeschlagen war
Straches Gedächtnis, der von einem „harmlosen
Paintball-Spiel mit kleinen gelben Plastikkugeln“
sprach. Paintball stand fortan im Ruf, paramilitärische
Spielwiese junger Rechtsextremer zu sein. Doch
während meiner Recherche auf einem Paintball-Feld
betonte dessen Betreiber, man werde nicht abgeschossen,
sondern markiert: „Hier wird nicht Krieg
gespielt!“ Die bunten Paints (es gibt keine roten)
schienen das zu unterstreichen. Gleichzeitig trug ein
Jugendlicher eine Bundesheeruniform, ein anderer
einen Tarnanzug. Sie hatten eigene, Sturmgewehren
nachempfundene Markierer dabei. In Putty Hill
nimmt ein Spieler seine Maske ab, zum Vorschein
kommt ein erschöpftes Bubengesicht. Porterfield
fragt den Jungen, was er für den Rest des Tages vorhabe:
„Go home, take a shower, play games. Work
on my book!“ – „You’re writing a book?“ – „Yeah.“ –
„What’s it about?“ – „Vampires … You’d have to read it
to understand.“ Diese Antwort begleitete mich während
der Arbeit an meinem Film. Sie erinnerte mich
daran, dass es trotz der NS-Vergangenheit, in deren
Schatten jugendliche Ebenseer/innen aufwachsen,
keinen Grund gab anzunehmen, deren Innenleben
falle weniger komplex aus als das ihrer Altersgenoss/innen in Putty Hill. (Sebastian Brameshuber)
In Kooperation mit dok.at