Der weite Weg
AT 1946, Schwarzweiß, 76 min.
Diagonale 2016
Regie: Eduard Hoesch
Buch: Karl Jantsch (Karl Kurzmayer), Eduard Hoesch
Darsteller:innen: Maria Andergast, Rudolf Prack, Hans Holt, Willy Danek, Karl Skraup u. a.
Kamera: Karl Kurzmayer, Anton Pucher
Musik: Frank Fox, Erich Meder
Produktion: Donau-Film
Der programmatische Titel löst
sein Versprechen, einen Neuanfang
des österreichischen Films nach
1945 einleiten zu wollen, nur zum
Teil ein. Authentizität erwächst in
dieser Heimkehrersaga vor allem an
den Rändern der Erzählung: dort,
wo die offensichtlichen Folgen des
Kriegs Formen eines „armen Kinos“
hervorbringen, das mit einigen geradezu
neorealistischen Momenten
überrascht.
Unter prekären Bedingungen entstanden, greift
Der weite Weg einen weiteren identitären Erzählstrang
des „Österreichischen“ nach dem Krieg auf:
Als erster Heimkehrerfilm blendet er eine Teilwirklichkeit
des Kriegs ein, eine andere aber aus. Er reiht
sich damit ein in jenes patriotische Programm, das
österreichische Filmemacher/innen nach 1945 als
Staatsverpflichtung empfanden: Heimkehrer sind
wesentliche Träger des Wiederaufbaus, der Blick ist
nach vorn gerichtet, Fragen zur Vergangenheit, zu
Biografien, zu Verstrickungen in den Kriegsjahren
bleiben offen. Der Wille, zurückgekehrt jetzt an einem
Strang zu ziehen, konstituiert das gute Gewissen.
Der von Eduard Hoesch mit Rohfilm der Sowjets
gedrehte Streifen erfüllte den vom Wiener Kulturstadtrat
Viktor Matejka (KPÖ) eingeforderten
„ehrlichen Realismus“ zum Teil und am eindrucksvollsten
dort, wo es keiner Regie bedurfte – in den
Aufnahmen der zerstörten Stadt und der sichtlich
abgezehrten Schauspieler/innen.
(Ernst Kieninger)
Kurz vor Kriegsende: In der Baracke eines
Gefangenenlagers zusammengepferchte desillusionierte
österreichische Soldaten begrüßen einen Neuankömmling,
der nichts Besseres zu tun hat, als den
seit Jahren von der Heimat getrennten Männern von
seiner Wiener Geliebten vorzuschwärmen. Geradlinig
führt der Film auf die absehbare Katastrophe zu:
Als der Schürzenjäger den Namen seiner jüngsten
Liebschaft nennt, springt Manhardt, deren Gatte,
empört auf ihn zu; der Ehebrecher stürzt und kommt
ums Leben. Vom Vorwurf des Mordes freigesprochen
und nach Wien zurückgekehrt, kommt Manhardt
nicht über die Untreue seiner Anni hinweg. Freund/
innen und ein zweiter schicksalhafter Zufall helfen.
Der weite Weg stellt mehr als nur ein Dokument
der bescheidenen Anfänge der österreichischen
Filmwirtschaft nach dem Krieg dar. Versprecher,
grobe Schnitte und seltsame Anschlüsse verleihen
dem Film ebenso wie auch die beherzte Leistung
des Dialekt sprechenden Ensembles ein eigentümliches
Gepräge von Authentizität. Zu Beginn erreicht
das Ehemelodram durch Einsatz minimaler Mittel
bemerkenswerte Intensität.
(Christoph Brecht, Ines Steiner)