Diagonale
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Langsamer Sommer
Spielfilm, AT 1974–76, Schwarzweiß, 86 min.
Diagonale 2017

Regie: John Cook, Susanne Schett, Michael Pilz
Buch: Helmut Boselmann, John Cook, Michael Pilz
Darsteller:innen: John Cook, Helmut Boselmann, Eva Grimm, Hilde Pilz, Michael Pilz, Günter Duda
Kamera: Helmut Boselmann, John Cook, Michael Pilz
Schnitt: John Cook, Susanne Schett
Produktion: Michael Pilz, Wien

 

Lou Reed läuft in Langsamer Sommer in voller Länge auf dem Plattenspieler – als Soundtrack zum driftenden Dasein zweier Freunde in Wien.

In Langsamer Sommer erzählt der kanadische Modefotograf John Cook, der nach Wien übersiedelt ist, von ebendieser Stadt und erschafft dabei auch eine Welt, die von Spuren mehrheitlich amerikanischer Popkulturfragmente durchzogen ist. John und Helmuth driften einen Sommer lang durch Wien, hängen ab, ziehen rum, lernen Frauen kennen, fahren mit Freunden für ein paar Tage aufs Land. Genauer noch erzählt der Film, wie die beiden Freunde am Ende des Sommers das gemeinsam gedrehte Filmmaterial sichten und kommentieren. Sichtbar wird zum einen ein real atmendes, lebendiges Wien. Die leere Straße am Schottentor um fünf Uhr morgens, die miefige Wohnung, die sich Helmuth mit seiner Mutter teilt, der Stadtpark, in dem ein Fotoshooting veranstaltet wird. Aber Langsamer Sommer erzählt auch von zwei Männern, die sich selbst erzählen, durch ihre Frisuren und ihre Kleidung, durch ihre Art zu sprechen und zu laufen und – nicht zuletzt – indem sie einen Film über sich machen. Darin verketten sich einzelne Momente nicht so sehr zu einer kohärenten Geschichte, sondern verhalten sich wie Tracks auf einer LP: Zwei Lebenskünstler artikulieren den eigenen Sound, die eigene Identität immer wieder neu. John, Helmuth und auch ihre Freunde sind sowohl reale als auch künstliche Figuren: hochkomplex, ambivalent und schwer einzuschätzen, zugleich schablonenhaft, wenn sie sprechen, gestikulieren und sich kleiden wie „der Autor“, „der Künstler“, „der Rebel“. Da re­­interpretieren sie die Codes eines Pop-Kosmos.
John ist sich dessen sehr bewusst, wenn er vom Motorrad fällt und lachend kommentiert: „I always wanted to be a cowboy.“ Er sieht wie einer aus in diesem Moment, aber er ist es nicht. In Langsamer Sommer „geht es um nichts und dann doch um alles: um ein Zeitbild, um die Reflexion des eigenen Seelenzustandes, der sich fortlaufend wandelt, und wie nebenbei auch um ein Bild der Stadt, ihres im Gassenwerk versteckten Lebens“ (Dominik Kamalzadeh). Was in dieser Stadt fehlt, so wird deutlich, sind Orte, an denen sie sich öffentlich treffen und den Abend lang verweilen können. Popkultur, Nachtleben, Modernität sind als Wunsch präsent, aber erst in Ansätzen sichtbar. Nur die Drifter sind schon da.
(Katalogtext, Alejandro Bachmann)

Programm 1:
Drei Begegnungen von Film, Pop und Musik. Als unreines Vorspiel: Wim Wenders’ 3 amerikanische LPs, geschrieben von Peter Handke, zeugt von der Kraft amerikanischer Popmusik, filmische Landschaftsbilder zu transformieren. Sieben Jahre später läuft Lou Reed in Langsamer Sommer in voller Länge auf dem Plattenspieler – als Soundtrack zum driftenden Dasein zweier Freunde in Wien. Im Jahr, als dieser Sommer ins Kino kommt, formiert sich ein anderer Supersommer – in einem filmischen Fragment der Arena-Besetzung, das den Auftritt von Leonard Cohen dokumentiert.

This is not America – Austrian Drifters
Suchbewegungen zwischen Film und Pop (1976–2014)
Sehnsuchtsort Amerika? Ausgehend von jenem Moment, in dem mit der Besetzung der Wiener Arena im Sommer 1976 Pop, Film und politische Haltung in besonderer Weise näher zusammenrückten, untersucht das sechsteilige Programm des Österreichischen Filmmuseums das Ineinander(-Wirken) von Pop und Film: Die Figur des Drifters steht dabei im Zentrum der Überlegung, wie Popkultur in Filmen sichtbar wird, was an Pop grundlegend filmisch sein könnte und wie sich Pop und Film gegenseitig infizieren. Eine sehenswerte Zusammenschau aus Pop, Punk und jeder Menge Pomp – von Dokumentation bis Fiktion, von Experimentalfilm bis Musikvideo, von Österreich bis Amerika.

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