Hansi Lang – Ich spiele Leben
Dokumentarfilm, AT 1984, Farbe, 60 min.
Diagonale 2017
Regie: Rudi Dolezal
Weitere Credits: ORF aus der Sendung Ohne Maulkorb vom 22.01.1984
Produktion: ORF
Lang: „Jetzt ist die Konsequenz wirklich eingetroffen.
Aber i bin zur Zeit ka Musiker.“
Dolezal: „Was bist du zurzeit?“
Lang: „Mensch.“
Ein schonungsloses Porträt über Sänger und Pop-Ikone Hansi Lang aus dem Jahr 1984, entstanden im Rahmen der ORF-Jugendsendung Ohne Maulkorb. Lang, der als Mitglied einiger Bands wie der Musiktheatercombo Hallucination Company fester Teil der Wiener Szene war und als Solokünstler österreichweit Bekanntheit erreicht hat, ist auf dem Höhepunkt seiner Karriere angelangt und schwimmt auf der New-Wave-Welle, die gerade die europäischen Radios überrollt. Seine Debütalben „Keine Angst“ und „Der Taucher“ spielen in den Hitparaden, man sieht ihn bei seinem Konzert im damaligen Praterstadion als Vorgruppe zu Supertramp. Sein spielerischer Umgang mit dem Publikum und seine energiegeladene Bühnenpräsenz zeigen einen Künstler im Saft des Lebens. Doch hinter der öffentlichen Fassade bröckelt es. Um mit dem Erfolgsdruck umzugehen, gibt er sich dem Drogenkonsum hin und wird heroinabhängig.
Ortswechsel. Zwei Monate nach dem Konzert konfrontiert Rudi Dolezal den Sänger mit den Konzertaufnahmen von damals. Lang hat sein Leben inzwischen radikal geändert, hat seine Band Dreamboat aufgelöst und versucht, von den Drogen loszukommen. „I bin zur Zeit in der Lage zu behaupten, dass i ned so schee bin […]. I bin ned der arme kleine Hansi […] den armen Hansi hat’s nie geben“, sinniert er über seine Abhängigkeit und den Umgang mit der Öffentlichkeit. „Vorher bin ich der Hansi Lang, aber auf der Bühne bekommt der Hansi Lang einen anderen Wert“, kritisiert er Plattenfirmen und Presse, welche die Story eines gestrandeten Genies ausschlachten wollen. Es wird ihm sogar ein mehrjähriger Plattenvertrag angeboten – monatliche Drogenapanage inklusive. Im Stil des Cinéma vérité begegnet Rudi Dolezal dem Sänger nicht wie einem exotischen Raubtier hinter Gitterstäben, sondern eröffnet Lang den Raum, seine persönliche Geschichte zu erzählen. Schicht für Schicht entblättert sich so ein getriebener Charakter, dessen Zerbrechlichkeit allmählich zum Vorschein kommt. Offenbar wird ein Grenzgänger, der den Ringkampf mit dem Leben zelebriert und sich auf der ständigen Suche nach seiner Identität befindet. Dabei wird klar: Lang ist nicht die Kerze, die konstant brennt und ein wärmendes Licht abgibt, er ist der Sternspritzer, der mit berstender Energie fasziniert, seine Umgebung zum Erleuchten bringt und dann bei großer Hitze verglüht. Eine packende filmische Konzentration auf einen gefallenen Engel, der versucht, wieder zu fliegen.
(Katalogtext, Marius Hrdy)
Für manche wird die offene Art schockierend sein, mit der Hansi Lang die Dinge beim Namen nennt, aber ich halte das für eine viel größere Leistung, als eine Maske aufzusetzen und etwas vorzugaukeln.
(Rudi Dolezal, Pressetext von 1984/ORF-Archiv)
ORF-Archiv – Wir spielen Leben
Grenzgänge und Pop-Inszenierungen
Das Fernsehen ist seit sechzig Jahren gleichermaßen Teil und Abbild unserer Gesellschaft. Drei Schätze einer oft verkannten Popkultur konnten dieses Jahr aus den Tiefen des ORF-Archivs gehoben werden: Hansi lang trifft Chuzpe trifft Schmetterlinge. Drei österreichische Fernseh-Pop-Selbstbildnisse (zurück) auf der Leinwand, zurück auf dem Schirm.