MÄRZ
Spielfilm, AT 2008, Farbe, 84 min.
Diagonale 2017
Regie, Buch: Händl Klaus
Darsteller:innen: Isolde Ferlesch, Julia Strauhal, Alfred Kleinheinz, Julia Gschnitzer, Florian Eisner, Ilse Kuen
u. a.
Kamera: Gerald Kerkletz
Schnitt: Joana Scrinzi
Originalton: Hjalti Bager-Jonathansson
Sounddesign: Atanas Tcholakov
Weitere Credits: Kameraassistenz: Andi Winter
Produzent:innen: Antonin Svoboda, Martin Gschlacht, Händl Klaus
Produktion: coop99 filmproduktion
Koproduktion: Händl Klaus Filmproduktion
Der gemeinsame Selbstmord dreier Freunde – ohne ersichtliches Motiv, ohne Abschiedsbrief – erschüttert eine kleine Tiroler Gemeinde. Die verzweifelte Suche nach Antworten verläuft sich in längst automatisierten Routinen – das Backen eines Kuchens, die Arbeit im Lebensmittelgeschäft … MÄRZ erzählt eine Geschichte ohne Aufklärung, eine Geschichte voller Leerstellen. „Es lässt sich nur feststellen, dass man gehen kann“, meint einer der Väter. Wie lässt sich der Alltag, der sich nach außen hin nicht verändert hat, aber tatsächlich wiederfinden? Das Regiedebüt von Händl Klaus war gleichzeitig Andi Winters erste enge Zusammenarbeit mit Kameramann Gerald Kerkletz.
Sozusagen einen Wiederkehrer zeigt die Diagonale mit Händl Klaus’ MÄRZ (AT 2008), der bereits 2009 in Graz zur Aufführung kam. Das Regiedebüt von Händl Klaus, der auch mit seinem zweiten großen Spielfilm KATER im Programm vertreten ist, war Andi Winters erste enge Zusammenarbeit mit Kameramann Gerald Kerkletz. Die Erzählung folgt der letzten Nacht im Leben dreier junger Männer. Eine letzte Zigarette glimmt auf, bevor sie das von einem der Väter geliehene Auto mit Schlauch und Klebeband präparieren, den Motor starten – und einatmen. Aus der Perspektive der behutsam-eindringlichen Kamera fehlt uns genauso wie den Angehörigen der Blick auf das Ganze. Die verzweifelte Suche nach Antworten verläuft sich in längst automatisierten Routinen – das Backen eines Kuchens, die Arbeit im Lebensmittelgeschäft … MÄRZ erzählt eine Geschichte ohne Aufklärung, eine Geschichte voller Leerstellen. „Es lässt sich nur feststellen, dass man gehen kann“, meint einer der Väter. Wie lässt sich der Alltag, der sich nach außen hin nicht verändert hat, aber tatsächlich wiederfinden?
MÄRZ lässt mehr aus, als er erzählt. Der Rest ist der Fantasie und den Gedankengängen der Zuschauer überlassen, die gerade durch die Leerstellen Möglichkeit und Raum erhalten, selbst aktiv zu werden. Auch dadurch wird MÄRZ zu einem sehr persönlichen Film. Dadurch, dass die einzelnen Momente wie aus der Gesamthandlung losgelöst zu sein scheinen, werden sie zur Projektionsfläche der Erfahrungen der Zuschauer.
(Nana A. T. Rebhan, ARTE)
Schon lange nicht mehr habe ich einen österreichischen Film gesehen, der mit einfachen und schlichten Mitteln, völlig unspektakulär, aber höchst eindringlich, in beklemmender und beängstigender Weise Menschen auf dem Lande in ihrer Gefühlsarmut und Sprachlosigkeit zeigt, Menschen, die zerbrochen sind und andere, vor allem junge Menschen zermürben und zerstören, Menschen, die sich vom banalsten Alltag treiben lassen, die aber nicht leben können, die sechzig, siebzig Jahre alt sind, aber trotzdem, hat man jedenfalls das Gefühl, keine Ahnung von einem Leben haben, zu dem sie möglicherweise nicht einmal eine Sehnsucht haben und von dem sie natürlich auch keine Ahnung haben können, von dem sie nichts wissen, Menschen, die nie eine Sprache verloren hatten, denn sie hatten niemals eine eigene Sprache in ihrer kargen katholischen, dörflichen Welt, in der jeder für sich alleine lebt.
(Josef Winkler, derStandard.at)
Zur Person
Wer ist Andi Winter? Ein Phantom? Keineswegs. Mit Andi Winter widmet sich die Programmschiene „Zur Person“ einer Integrationsfigur aus der vermeintlich „zweiten Reihe“. Als Filmvorführer, Cutter, Color Grader, Schauspieler, Regisseur, Vernetzer, Kameramann und -assistent ist Winter an Produktionen unterschiedlicher Größe und Ausrichtung beteiligt. Zu behaupten, der österreichische Filmkosmos drehe sich nicht selten um integrative Multitalente wie Andi Winter, ist vor diesem Hintergrund beileibe nicht zu hoch gegriffen. „Zur Person’17“ – ein „Working Class“-Spotlight mit einem sehenswerten Querschnitt aus Spielfilmen, Musikvideos und experimentellen Arbeiten von, mit und rund um Andi Winter.