A Memory in Khaki
Dokumentarfilm, SY/QA/AT 2016, Farbe, 108 min., OmeU
Diagonale 2018
Regie, Schnitt: Alfoz Tanjour
Buch: Alfoz Tanjour/ Louai Haffar
Darsteller:innen: Amathel Yaghi / Ibrahim Samuel / Khaled Alkhani / Shadi Abu Fakhr / Muhammad Alsalim
Kamera: Ahmad Dakroub
Musik: Kinan Azmeh
Sounddesign: Manuel Meichsner
Weitere Credits: Producer: Louai Haffar
Postproduction: Golden Girls Film Produktion
Dramatic Advisor: Arash T. Riahi
Colorist: Andi Winter
Artistic advisor: Arash T. Riahi
Linda Zahra
Production manager: Eyad Shehab Ahmad
Produzent:innen: Louai Haffar
Produktion: Aljazeera Documentary Channel
Koproduktion: Golden Girls Filmproduktion
Ein filmisches Mosaik im Military-Look. Mit den Mitteln des Kinos
legt Alfoz Tanjour Erinnerungen an
Jahre des angstvollen Schweigens
unter dem Assad-Regime und den
fortwährenden Nachhall der Kriegserfahrung
frei. Seine Gedanken an
ein Land, das so nicht mehr existiert,
verwebt er mit Geschichten von vier
Menschen, die ihre Heimat ebenfalls
verlassen mussten. Und immer wieder
taucht sie auf: Khaki, die Farbe
der Militärkleidung und Schuluniformen,
Symbol der Assad-Ära.
Ein filmisches Mosaik, jedes Steinchen mit
den Mitteln des Kinos gemalt, das sich zu einem
vielschichtigen wie eindringlichen Stimmungsbild
verdichtet. In A Memory in Khaki verbindet der in
Wien lebende und arbeitende Filmemacher Alfoz
Tanjour Gesprächsstücke und nahezu stille Sequenzen
voller Symbolkraft, um Erinnerungen an Jahre
des angstbegleiteten Schweigens unter dem Assad-Regime und den fortwährenden Nachhall der Kriegserfahrung freizulegen. Seine Gedanken an ein Land,
das so nicht mehr existiert, verwebt Tanjour dabei
mit Geschichten von vier Menschen, die ihre syrische
Heimat ebenfalls auf unbestimmte Zeit verlassen
mussten. Ein Schriftsteller, ein weiterer Filmemacher,
ein Künstler und eine frühere Aktivistin
sprechen aus dem ungewissen Dazwischen des Exils
über Geschehnisse, die sich in die Köpfe und Herzen
eingebrannt haben: politisch instabile Verhältnisse
der 1970er-Jahre, das Aufkeimen der Revolution,
Inhaftierungen und Fluchtbewegungen.
In ihren bildsprachlichen Akzentuierungen weichen
die Begegnungen mit den Vertrauten zart voneinander ab. Die poetischen Gedankenkreisel des
Schriftstellers Ismael Samuel umgibt eine fein gesponnene Unschärfe: beschlagene Scheiben und
milchige
Fenstergläser lassen Konturen hin und wieder
verwischen. Schattenwürfe legen sich schleierartig
über Amathel, die an die Zeit ihres eigenen Verschwindens
zurückdenkt: Bereits vor Jahrzehnten,
als Studentin, tauchte die Tante des Filmemachers
unter – damals, um dem Arrangement einer Ehe zu
entkommen.
Dazwischen schneidet Tanjour um,
lässt in der Zerstörungswucht des Krieges Vergangenheit
und Gegenwart ineinanderlaufen und
die Kamera über Einschusslöcher in zerbombten
Häusern
gleiten, die verlassen zwischen staubigen
Trümmerhaufen
der einstigen Heimat liegen.
Und immer wieder taucht sie auf: Khaki, die Farbe
der Militärkleidung und Schuluniformen, Symbol
der Assad-Ära. Mit einem Pinsel zieht Khaled einen
grünlichen Strich über eine triefend rote Leinwand.
Der Künstler musste das Massaker in Hama miterleben.
An Stellen wie diesen setzt der Film leise zur
Seelenreise an, hält besonnen inne, um sich nicht zu
versteigen. Dann atmen die Bilder in ruhigen Einstellungen
durch, geben dem Nichtauserzählen Raum
und nehmen behutsam die Leerstellen an, die dazugehören,
wenn sich Erinnerungen zu keinem Ende
führen lassen und eine Weile unter sich bleiben wollen.
(Katalogtext, jk)