Jugendliebe – Wem Gott schenkt ein Häschen ...
Spielfilm, AT 1983, Farbe, 64 min.
Diagonale 2018
Regie: Lukas Stepanik
Buch: Werner Fitzthum
Darsteller:innen: Michaela Galli, Peter Strauss, Ingrid Burkhard, Kurt Sobotka
Kamera: Fritz Zecha
Schnitt: Hildegard Ohandjanian
Originalton: Klaus Kinzl
Ausgehend vom Konflikt einer aus
den Fugen geratenen ersten Liebe
und den daraus resultierenden
existenziellen Widersprüchlichkeiten
motiviert dieser Fernsehfilm zur
Reflexion österreichischer Kleinbürgerexistenzen
auf dem Land. In
diesem Milieu haben die Väter und
Söhne das uneingeschränkte Sagen:
Schallplatten und Motorräder,
Stadlfeste, der Papstbesuch am
Bildschirm des Schwarz-Weiß-Fernsehers,
Urlaub an der oberen Adria,
Bauern- und Kleingewerbesterben,
Postbusverkehr und ein nicht
entnazifiziertes Bundesheer bilden
die Folie für den inneren Konflikt
einer jungen Frau, die sich mit einer
ungewollten Schwangerschaft
konfrontiert sieht.
Ausgehend vom Konflikt einer aus den Fugen
geratenen ersten Liebe und den daraus resultierenden
existenziellen Widersprüchlichkeiten motiviert
dieser Fernsehfilm zur Reflexion österreichischer
Kleinbürgerexistenzen auf dem Land. In diesem
Milieu haben die Väter und Söhne das uneingeschränkte
Sagen: Schallplatten und Motorräder,
Stadlfeste, der Papstbesuch am Bildschirm des
Schwarz-Weiß-Fernsehers, Urlaub an der oberen
Adria, Bauern- und Kleingewerbesterben, Postbusverkehr
und ein nicht entnazifiziertes Bundesheer
bilden die Folie für den inneren Konflikt einer jungen
Frau, die sich mit einer ungewollten Schwangerschaft
konfrontiert sieht.
Während die dringlichste Frage der Mutter
(Ingrid Burkhard) angesichts ihrer ein Kind erwartenden
17-jährigen Tochter Maria, nämlich wer sonst im
Ort von ihren Umständen bereits wissen könne, noch
leicht zu beantworten ist, verhallt jene ihrer Tochter
selbst im Beichtstuhl reaktionslos: Das etwas wunderlich
anmutende „Was hat das für einen Sinn, dass
ich ein Kind bekomme?“ steht stellvertretend für den
Einbruch einer Lebensrealität, in der die weibliche
Hauptdarstellerin – untergraben von Überforderung
und Ohnmacht – erst schrittweise die Fassung wiedererlangen
kann. Nachdem Abtreibung kein Thema
ist, über das man offen hätte sprechen können, hilft
auch der Gedanke nicht mehr viel, dass mit ihrem
Freund Franz alles so vielversprechend zu beginnen
schien. Und auch die gemeinsame Begeisterung für
Popmusik bleibt da nicht mehr als der ernüchternde
Wink eines anderswo stattfindenden Lebens, das letztendlich nicht als realistischer Gegenentwurf geltend
gemacht werden kann, sondern Illusion bleibt.
Unter dramaturgischer Beratung von Robert
Schindel hielt Lukas Stepanik dem damaligen Fernsehpublikum
konsequent den Spiegel vor. Und der
konzentrierte, wenn auch männliche Blick auf die
weibliche Hauptdarstellerin – wir blicken auf sie und
nicht durch ihre Augen – hält durchaus Emanzipationspotenzial
bereit: nämlich das Angebot, Marias
Blick anerkennend nachzuvollziehen, sich mit ihr zu
identifizieren und soziale Konventionen damit – sei
es auch nur für einen Moment – wirksam außer Kraft
zu setzen.
Als konsequente und bis zu einem gewissen
Grad auch radikale Regieentscheidung darf gewertet
werden, dass unter dem Druck der Ereignisse und
mit fortschreitender Schwangerschaft Blick und Verhalten
der Hauptfigur zunehmend aparter inszeniert
werden: So mutet diese mehr und mehr der Realität
enthoben an, flüchtet sich in ironische Sprachregister
und liebäugelt mit Selbstmordversuchen. Nach
der Geburt bleibt ihr nur – nach sofortiger Abgabe
des Neugeborenen an die Krankenschwester –,
umgehend unter der Bettdecke zu verschwinden
und – für Kamera und Zuschauer/innen als Zeugen
und gleichzeitige Komplizen ihrer Verzweiflung –
unsichtbar
zu werden. Doch diese letzte Einstellung
von Stepaniks eigentümlich unter die Haut gehendem
Fernsehfilm ist eigentlich nicht das Ende, sondern
vielmehr der Anfang der Geschichte; d. h. des
Lebens einer minderjährigen, ledigen Teenie-Mutter
irgendwo in der österreichischen Provinz der 1980er-Jahre.
„Wem Gott schenkt ein Häschen, dem schickt
er auch ein Gräschen …“, lautet das von katholischer
Moral triefende Sprichwort, auf dessen Bewahrheitung
man am Ende der Projektion genau genommen
allerdings nur hoffen kann.
(Katalogtext, Antonia Rahofer)