Diagonale’21 Film Meeting
„Die neue Normalität“
Ein Blick in die Zukunft
The Corona pandemic has accelerated developments in the film and media branch and created new problems. To be explored is how the Austrian film branch must, should, and can adapt on the basis of a changed society. For two days, this year’s Diagonale Film Meeting will strive for a stock taking of film and cultural policy, and also once again take up last year’s wish for a gaze in the future.
Zur Diagonale Film Meeting Broschüre inklusive dem vollständigen Programm geht’s hier.
Der Programmpunkt „Same Same but Different? Innovation im österreichischen Film“ am Donnerstag, dem 10. Juni wird von 11.30 bis 14 Uhr live auf dem Facebook-Kanal der Diagonale übertragen. Dort besteht die Möglichkeit der digitalen Partizipation. Mit Keynotes von Laura Wiesböck, Barbara Fränzen, Julia Schmölz und Christiane Lienhart sowie einer Diskussion mit Oliver Neumann, Marcus Ammon, Jessica Lind, Kris Staber und Rüdiger Suchsland.
Einleitung
Was noch vor wenigen Monaten die viel zitierte „Normalität“ für Kunst und Kultur und somit auch für den Film und das Kino war, wirkt heute beinahe wie ein unerreichbares Ziel. Die Corona-Pandemie hat Entwicklungen in der Film- und Medienbranche beschleunigt und neue Probleme geschaffen. Dem ohnedies längst überfälligen Blick in die Zukunft kommt erhöhte Dringlichkeit zu. Über die interimistische „neue Normalität“ hinaus gilt es zu ergründen, wie sich die österreichische Filmbranche auf Basis einer veränderten Gesellschaft anpassen muss, soll oder kann.
Wird nichts mehr so sein wie bisher, bleibt alles beim Alten oder gibt uns die momentane Situation die Chance, bereits überfällige Ideen in die Tat umzusetzen?
Hilft das Damoklesschwert der Pandemie gar, Potenziale zu nutzen? Oder übernimmt man mit dieser Sichtweise ideologische Denkmuster, die sich die katastrophale Tragweite der aktuellen Krise schönzureden versuchen und dabei wissentlich ignorieren, dass im Filmbereich bereits zuvor großer Reformbedarf bestand? Im März 2020 musste die Diagonale coronabedingt abgesagt werden. Das Film Meeting’20 hätte sich dem Thema Innovation im österreichischen Film gewidmet. „Innovation“ gehört nach wie vor – möglicherweise mehr denn je – zu jenen Begriffen, die den politischen Zeitgeist widerspiegeln: in Förderkriterien, als strategisches Wunschziel der Kulturpolitik, als Anspruch an zeitgemäße Filmproduktion. Die nunmehr über ein Jahr andauernde Corona-Krise hat das vielfach mit wirtschaftlichen Erfolgsversprechen assoziierte und mit dem Diktum der Erneuerung um jeden Preis einhergehende Buzzword in seltener Drastik überführt. Ein Sprechen über Innovation wie im März 2020 ist 2021 kaum mehr möglich und dennoch lohnend. Wo steht die österreichische Filmbranche derzeit? Und vor allem: Wohin bewegt sie sich?
An zwei Tagen bemüht sich das heurige Diagonale Film Meeting um eine film- und kulturpolitische Bestandsaufnahme und greift den letztjährigen Wunsch nach einem Blick in die Zukunft (unter geänderten Vorzeichen) wieder auf.
Zur Lage des österreichischen Films in der Vermittlungsarbeit gab es im Frühsommer 2020 eine Umfrage. Ziel war es, jene Bereiche zu erkunden, in denen Handlungsbedarf für den österreichischen Film und seine Relevanz beim Publikum besteht. Dazu wurden Entscheidungsträger*innen befragt, die für den Vermittlungsprozess des österreichischen Films verantwortlich zeichnen. Entlang von Fragen wie „Worin sehen Sie die häufigsten Fehlerquellen in der Positionierung österreichischer Kinofilme?“ stellen Susanne Auzinger und Valerie Besl unter dem Titel „Knochenarbeit nach Schema F. Die Zukunft der Filmvermittlung“ die gewonnenen Erkenntnisse vor und laden zur Diskussion neuer Ideen, die öffentliche Aufmerksamkeit für österreichische Filme zu erhöhen.
Weiters stehen die derzeitigen Rahmenbedingungen, unter denen der österreichische Film stattfindet, in zwei Themenkapiteln im Zentrum:
Der Dachverband der Filmschaffenden präsentiert seine jüngste Studie „MACHT – ARBEIT – KRANK“, die sich mit der Arbeitswelt Filmschaffender in Österreich befasst und auf die implizit und explizit zugrunde liegenden Machtverhältnisse in der Filmbranche verweist. Machtverhältnisse, die eine Hintergrundfolie für erlebte Diskriminierungs-, Belästigungs- und Gewalterfahrungen bilden und die oft prekären und belastenden Arbeitsbedingungen der Filmschaffenden sowie die damit verbundenen gesundheitlichen Auswirkungen widerspiegeln.
Der zweite, mit FISA – Filmstandort Austria und anderen veranstaltete Programmpunkt greift die Frage nach dem Innovationspotenzial im österreichischen Film auf. Wie hat die aktuelle Corona-Krise den Blick auf das Thema verändert? Welche Erkenntnisse zum Publikumsverhalten wurden in einer Zeit gewonnen, in der Filmschauen und „Kinobesuche“ ausschließlich digital stattfinden konnten? Hat die Krise schmerzlich den Finger auf bereits bestehende Wunden gelegt? Welche Veränderungen sind nunmehr, da eine Rückkehr zur Kinonormalität ferner als je zuvor scheint, unabkömmlich?
Die Soziologin Laura Wiesböck wird das heurige Film Meeting mit einer Keynote zum Zeitgeistbegriff der Innovation eröffnen.
Gestaltung: Theresa Winkler