Auf amol a Streik
Dokumentarfilm, AT 1978, Schwarzweiß, 24 min.
Diagonale 2018
Regie: Ruth Beckermann, Josef Aichholzer
Zwei Streikfilme: In Salt of the Earth
kämpfen mexikanische Minenarbeiter
für die gleichen Rechte wie ihre
amerikanischen Kollegen. Als ihnen
polizeilich verboten wird, Streikposten
aufzustellen, führen die Frauen
den Protest weiter. Biberman
konnte seinen Film nur unter großen
Schwierigkeiten und gegen den Boykott
von Behörden, Kopierwerken,
Gewerkschaften, Kinobetrieben und
Zeitungen realisieren und öffentlich
aufführen. In seiner kompromisslosen
Engführung von Arbeitskampf
mit Rassismus und aufkeimender
Frauenemanzipation bleibt Salt of
the Earth bis heute unerreicht. Im
Kontrast dazu Österreich im Mai
1978: In der Semperit-Reifenfabrik
in Traiskirchen dokumentieren Josef
Aichholzer und Ruth Beckermann
den einzigen mehr als dreiwöchigen
Streik seit Kriegsende.
Auf amol a Streik!
Semperit Traiskirchen, 17.4. – 11.5.1978:
In der Reifenfabrik findet im Mai 1978 der einzige
mehr als dreiwöchige Streik Österreichs seit Kriegsende
statt. Mit Interviews, Fotos, Grafiken und einer
Gesprächsrunde von Streikenden zeigt der Film der
Kollektivmitglieder Ruth Beckermann und Josef Aichholzer
den Verlauf des Streiks; er gibt Einblick in die
Haltung der Gewerkschaft zwischen Nähe zu den
Beschäftigten und Verpflichtungen gegenüber den
Unternehmern.
(Produktionsnotiz)
Obwohl bei den Aufnahmen das aus Wien angereiste
Filmteam irgendwie deplatziert in der Runde der
zum Streik bereiten Arbeiter/innen gewesen war, fand
der daraus entstandene Film, der didaktisch, ähnlich
wie Arena besetzt (1977) gestaltet ist, Widerhall
in Gewerkschaftsgruppen, die über die Situation im
Werk Semperit österreichweit informieren wollten. Er
festigte auch unseren Ruf als Linksradikale, ein Totschlagargument,
das uns in unserer Arbeit – nicht nur
durch das Einschreiten der Gendarmerie bei diesem
Projekt – oft behinderte. Erst später in Pension gaben
uns Gewerkschaftsfunktionäre der damals noch größten
Partei recht. Auch sie hätten öfter mit Filmen dieser
Art arbeiten sollen, um auf die wiederkehrenden
Zusammenhänge in der Arbeitswelt aufmerksam zu
machen. Nicht nur der spontane Streik, sondern auch
die dokumentarische Unmittelbarkeit war neu in der
politischen Filmkultur Österreichs, die überwiegend
in der Dokumentation von herzerwärmenden Naturbetrachtungen
und im Spielfilm von der bereits abflauenden
„Sexfilmwelle“ geprägt wurde.
(Katalogtext, Franz Grafl)