Franz-Grabner-Preis 2022
Im Rahmen der 25. Diagonale in Graz wurde der mit je € 5.000 dotierte Franz-Grabner-Preis in den Kategorien Kinodokumentarfilm und Fernsehdokumentarfilm verliehen. Prämiert wird ein im ethischen und moralischen Sinne verantwortungsvoller und glaubwürdiger Umgang der Filmschaffenden mit ihrem Medium.
Die Festrede anlässlich der Preisverleihung im Hotel Wiesler, Salon Frühling hielt Dennis Vetter (Filmkritiker, Künstlerische Co-Leitung „Woche der Kritik“, DE).
Franz-Grabner-Preis für den besten Kinodokumentarfilm:
Weiyena – Ein Heimatfilm von Weina Zhao und Judith Benedikt (AT 2020)
€ 5.000, gestiftet von AAFP und ORF
Jurybegründung:
„Zuhören und sehen – was gesagt wird und was ungesagt bleibt. Ein verletzliches Unterfangen im Erinnern und Befragen der eigenen Familiengeschichte. Ein intimes transgenerationales Porträt: mit Blick auf Migrationsgeschichte, auf Lebensrealitäten in China, während und nach der Diktatur. Auf Gräben, Brüche und Widersprüche im Erzählen von Geschichte. Getragen von sensibler und schöner Kameraarbeit entsteht ein liebevoller Blick auf ein Netz an Personen, auf Fragmente ihrer Leben und die Verbindungslinien, die die Filmemacher*innen zu einer dichten Textur zusammenweben. Das Filmemachen erlaubt Weina Zhao einen Rollen- und Perspektivwechsel und ermöglicht somit ein Erforschen und Begreifen der Dinge unter den Oberflächen. Es gelingt ein feinsinniger Film, getragen von einem persönlichen Ansatz. Ein Film, der sich nicht scheut, seine dokumentarische Methode offenzulegen.“ Mit diesen Worten begründete die internationale Jury ihre Entscheidung.
Weiters waren nominiert:
WOOD – Der geraubte Wald von Ebba Sinzinger, Michaela Kirst und Monica Lăzurean-Gorgan (AT/DE/RO 2020)
Marko Feingold – Ein jüdisches Leben von Christian Krönes, Florian Weigensamer, Christian Kermer und Roland Schrotthofer (AT 2021)
Franz-Grabner-Preis für den besten Fernsehdokumentarfilm:
Erich Fried – Dichter im Porzellanladen von Danielle Proskar (AT 2021)
€ 5.000, gestiftet von AAFP und ORF
„Der gebürtige Wiener Jude Erich Fried (1921–1988) war ab den 1960er- und bis zu den 1980er-Jahren eine Art Popstar der politischen Linken und nicht zuletzt auch Bestsellerautor. Seine Lyriklesungen glichen Kundgebungen, seine Kundgebungen seiner Lyrik. Die Dokumentation von Danielle Proskar erweckt dieses Urgestein des politischen Diskurses wieder zum Leben. In einer klug montierten Collage spürt sie den divergierenden Lebenslinien des Exilanten nach, dessen Vater von den Nazis ermordet worden war. Sie ordnet ein, vermeidet aber platte Zuordnungen. Sie gibt dem Sprachgewaltigen Raum, aber auch seinen Nächsten und Getreuen. Sie zeigt einen Streitlustigen, der immer wieder ins Risiko geht. Der um die eigenen Widersprüche weiß und immer auch die Gegenseite hört. Und so entdeckt sie Erich Fried für uns neu, als einen Urvater des politischen Aktivismus.“ Das konstatierte die Jury in ihrer Begründung.
Weiters waren nominiert:
Aller Anfang – Der Weg der Hebammen von Karin Berghammer (AT 2020)
Ischgl im Ausnahmezustand (AT 2020) und Das große Schweigen (AT 2020) von Ed Moschitz
Jury 2022
Claudia Wohlgenannt
(Filmproduzentin, AT)
Djamila Grandits
(Kuratorin, AT)
Paul Pauwels
(Filmproduzent, BE)
Nicole Baum
(HR Internationale Fiktion und Dokumentarfilm ZDF/3sat, DE)
Stefan Kloos
(Geschäftsführer „Rise and Shine“, DE)