Rückblick
Die Wurzeln der Diagonale reichen bis in das Jahr 1977 zurück, als in Velden die ersten „Österreichischen Filmtage“ stattfanden, die sich zur Gänze dem gegenwärtigen österreichischen Filmschaffen widmeten. Nach einer Zwischenstation in Kapfenberg (1978–1982) wurden die „Österreichischen Filmtage“ von 1984–1996 in Wels abgehalten. Parallel dazu wurde in den Jahren 1993–1995 in Salzburg ein weiteres Festival des österreichischen Films veranstaltet, das bereits den Namen „Diagonale“ trug.
Die Diagonale, so wie wir sie heute kennen, fand erstmals 1998 unter der Intendanz von Christine Dollhofer und Constantin Wulff in Graz statt. In den ersten Jahren in Graz wurden in den unterschiedlichen Programmsektionen rund 100 Filme gezeigt und Preise in drei Kategorien vergeben: ein Hauptpreis, ein Preis für innovatives Kino und ein Nachwuchspreis. Später kam eine Reihe weiterer Preise dazu. Nach zwei erfolgreichen Anfangsjahren bildete die Diagonale im Jahr 2000 die Plattform des Protests der österreichischen Filmschaffenden gegen die schwarz-blaue Koalition. Das Festival zeigte die Sonderreihe „Die Kunst der Stunde ist Widerstand“ und im Katalog forderten zahlreiche Filmschaffende den Rücktritt der Regierung.
Die Zeit vor der Diagonale 2004 sollte schließlich zur turbulentesten in der Geschichte des Festivals werden: Mit der Diagonale 2003 liefen die Verträge von Dollhofer und Wulff aus. Der Diagonale-Beirat nominierte Christine Dollhofer als Intendantin (Wulffs Vertrag wurde auf eigenen Wunsch nicht verlängert) für die nächsten beiden Festivalausgaben und informierte das Bundeskanzleramt. Daraufhin teilte das Staatssekretariat für Kunst und Medien im BKA der Diagonale mit, dass für die künstlerische und kaufmännische Intendanz des Festivals ab 2004 eine Ausschreibung geplant sei.
Trotz der hervorragenden Leistungen der bisherigen Programmverantwortlichen und ohne den Konsens mit den Filmschaffenden zu suchen, berief das BKA im Mai 2003 Tillmann Fuchs zum kaufmännischen und Miroljub Vučković zum künstlerischen Intendanten des Festivals. In den folgenden Monaten formierte sich seitens der Filmschaffenden immer stärker werdender Widerstand gegen die Entscheidung des BKA, der schließlich in der Organisation der „originalen“ Diagonale als Gegenfestival zur so genannten „Morakonale“ mündete. Nachdem es dem Team der alternativen Diagonale gelungen war, einen Großteil der bisherigen Sponsoren für sich zu gewinnen und wichtige Fördergelder zu lukrieren, erfolgte im Dezember 2003 der Rücktritt der beiden von Franz Morak bestellten Intendanten. Die vom Verein Forum österreichischer Film veranstaltete „originale“ Diagonale fand schließlich von 3.–7.3.2004 in Graz statt.
Im Zuge einer Neustrukturierung bestellte die Generalversammlung der Diagonale auf Vorschlag des Diagonale-Beirates Ende April 2004 das Dreierteam Birgit Flos (Intendanz), Robert Buchschwenter (Geschäftsführung Produktion) und Georg Tillner (Geschäftsführung Finanzen) zur neuen Diagonale-Leitung. Nach Ausscheiden von Buchschwenter und Tillner übernahm Oliver Testor im Mai 2005 die Geschäftsführung des Festivals bis 2009. Im Dezember 2006 wurde der Vertrag von Birgit Flos bis zur Diagonale 2008 verlängert.
Seit 2006 gibt es zwei gleich dotierte Große Diagonale-Preise, für den besten Kinospielfilm und den besten Dokumentarfilm. Im Jahr 2007 feierte die Diagonale ihre 10. Ausgabe in Graz mit einer Reihe von Sonderprogrammen und -veranstaltungen.
Ab Juni 2008 leitete die Kuratorin, Publizistin und Filmvermittlerin Barbara Pichler das Festival und etablierte es mit einer strafferen Programmierung und verstärktem Augenmerk auf internationale Branchenvernetzung als öffentliche Vermittlungs- und Diskussionsplattform für das österreichische Kino im europäischen Kontext. Ihr ursprünglich dreijähriger Vertrag wurde von der Generalversammlung des Vereins „Forum österreichischer Film“ zunächst bis 2014 verlängert. Eine weitere Verlängerung um eine volle Funktionsperiode nahm Barbara Pichler nicht an, sodass man sich auf ihren Wunsch hin bloß auf eine Verlängerung bis 2015 einigte.
Von Juni 2015 bis bis Ende Mai 2022 stand die Diagonale unter der Leitung von Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber. Die beiden Intendanten haben das renommierte Festival mit neuer Verve geführt und vermehrt spartenübergreifend agiert als auch die Spitze sowie Breite der österreichischen Filmbranche in Graz versammelt. Darüber hinaus haben sie die Diagonale mit viel Augenmaß durch die Herausforderungen der Covid-19 Pandemie gesteuert, mitsamt Absagen (Diagonale’20 aka “Die Unvollendete”), Verschiebungen (Diagonale’21) und notwendigen Sicherheitskonzepten. Für eine dritte Funktionsperiode standen sie auf eigenen Wunsch hin nicht mehr zur Verfügung.
Mit Juni 2023 hat erneut ein Duo das Festival des österreichischen Films übernommen: Dominik Kamalzadeh und Claudia Slanar haben bis vorerst 2027 die kaufmännische und künstlerische Leitung der Diagonale inne. Sie sehen das Festival als essenziellen Kompass durch die hiesige Filmkultur und möchten Bestehendes hinterfragen und Experimente wagen. Die Diagonale soll als zentraler Ort der Auseinandersetzung mit der Vielfalt der filmischen Formen und den damit verbundenen politischen Dynamiken weiter ausgebaut werden. Darüber hinaus soll eine Intensivierung des Austausches mit internationalen (Branchen-) Gästen sowie lokalen Partner:innen stattfinden.