Amour Fou
Spielfilm, AT/LU/DE 2014, DCP, 96 min, OmeUSammelprogramm: Zur Person Jessica Hausner: Amour Fou
Mit Amour Fou begibt sich Jessica Hausner vor eine historische Kulisse. Die Tragikomödie spielt im Berlin der Jahre 1810/11 und ist inspiriert vom Doppelsuizid des Dichters Heinrich von Kleist und seiner Freundin Henriette Vogel. Die historische Verortung der Erzählung erforderte nicht zuletzt ein aufwendiges Produktions- und Kostümdesign. Eine besondere Herausforderung für Ausstatterin Katharina Wöppermann und Kostümbildnerin Tanja Hausner – die Schwester und beständige Kollaborateurin der Filmemacherin.
Mit Amour Fou (2014) begibt sich Jessica Hausner vor eine historische Kulisse. Die Tragikomödie
spielt im Berlin der Jahre 1810/11 und ist inspiriert
vom Doppelsuizid des Dichters Heinrich von Kleist und
seiner Freundin Henriette Vogel. Während die bürgerliche Gesellschaft sich die Zeit mit Kammermusik und
Gemeinschaftsabenden vertreibt, sehnt sich Kleist
(Christian Friedel) nach dem Freitod und sucht nach
einer Gefährtin für diesen letzten Schritt. Henriette
(Birte Schnöink), die junge Ehefrau eines Bekannten,
erwägt nach einer schwerwiegenden Diagnose, den
Avancen des Dichters zu folgen. Die historische Verortung der Erzählung erforderte nicht zuletzt ein aufwendiges Produktions- und Kostümdesign – eine klare Ästhetik mit dem Fokus auf gelbe und rote Farben
bestimmt die Szenerie. Eine besondere Herausforderung für Ausstatterin Katharina Wöppermann und
Kostümbildnerin Tanja Hausner – die Schwester und
beständige Kollaborateurin der Filmemacherin. Für
den Film ließ sie sich vor allem von Renaissance- und
Barockbildern z. B. von Jan Vermeer inspirieren, die
mit einer klaren, kräftigen Farbigkeit dennoch etwas
Kostümhistorisches in sich haben. Einfachheit und
Schlichtheit dominieren die außergewöhnlichen Kostüme, die allesamt aus Naturfasern gefertigt wurden.
Amour Fou feierte seine Premiere in der Reihe „Un
Certain Regard“ auf den Filmfestspielen in Cannes.
(Katalogtext, ast)
Für mich ist es paradox zu glauben, dass man „zu
zweit sterben“ kann. Im Augenblick des Sterbens ist
man unweigerlich allein, der Tod trennt einen auch
immer von der anderen Person. Dieses Paradoxon hat
mich, wie viele andere, gereizt. Dazu muss man wohl
sagen: Amour Fou ist keine naturalistische Erzählung.
Es geht nicht um einen konkreten „Fall“, sondern eher
um eine Versuchsanordnung zur These: Liebe ist
ein ambivalentes Gefühl. Im einen Moment ist man
einander nahe, man ist eins mit der anderen Person,
man versteht einander, und im nächsten Moment
merkt man, wie missverständlich das ist. Dass man
gleichzeitig auch gegenteilige Gefühle für die Person
empfinden kann, die einen vielleicht sowieso schon
längst nicht mehr liebt.
(Jessica Hausner)
Egal, welche Epoche man darzustellen versucht,
es ist immer eine Interpretation der Wirklichkeit, das
möchte ich sehr betonen. Die wahre Darstellung eines
historischen Moments gibt es nicht. Jede Haupttendenz hat auch ihre Abschweifungen. Ich finde, dass
das Biedermeier und auch die Zeit davor sehr farbkräftig und mutig waren. Ich hatte es mir dezenter
vorgestellt und man neigt prinzipiell dazu, historische
Dinge abzutönen und zu schattieren. In Wirklichkeit
waren Muster und kräftige Farben gang und gäbe,
ein Umstand, der Jessica auch für die Kostüme sehr
wichtig war.
(Katharina Wöppermann, austrianfilms.com)
Eine comédie humaine, in der sich die Mitwirkenden streng genommen nicht anders aufführen
als anderswo. Das allerdings in den Koordinaten ihrer
Zeit, ihrer Rhetorik und ihrer rollenspezifischen Möglichkeiten. Und so fügt sich auch diese nur scheinbare
Historizität von Amour Fou samt der detailbegeisterten Ausstattung in das Hausner’sche Œuvre. ( … ) Die
Depressionen der jeweiligen Gesellschaft scheinen in
den Raumkonstruktionen von Jessica Hausner und
des unverwechselbar präzisen Kameramannes Martin Gschlacht immer schon vorgefertigt.
(Birgit Glombitza, taz)
Dieser Film ist auch Teil der Diagonale-Kollektion im Flimmit-Abonnement. Mehr unter diagonale.at/canale-diagonale.
Buch: Jessica Hausner
Darsteller:innen: Birte Schnöink, Christian Friedel, Stephan Grossmann, Sandra Hüller, Holger Handtke, Marie-Paule von Roesgen u. a.
Kamera: Martin Gschlacht
Schnitt: Karina Ressler
Originalton: Uve Haußig
Kostüm: Tanja Hausner
Weitere Credits: Ausstattung: Katharina Wöppermann
Produzent:innen: Martin Gschlacht, Antonin Svoboda, Bruno Wagner, Bady Minck, Alexander Dumreicher-Ivanceanu, Philippe Bober
Produktion: coop99 Filmproduktion
Koproduktion: AMOUR FOU Luxembourg (LU), Essential Filmproduktion (DE), In Zusammenarbeit mit WDR/ARTE
Verleih in Österreich: Stadtkino
Uraufführung: Diagonale '21
Österreichische Erstaufführung: Diagonale '21