Vielen Dank für die Anfrage, einen Text für die Webnotizen zu verfassen. Ich soll mich darin auf meine Position als Frau in der Filmbranche beziehen und auch darüber berichten, wie ich das schaffe, nicht den Mut zu verlieren. Ich wollte aber keinen Text schreiben, in dem die (zu recht) beklagenswerten Zustände bejammert werden, mit denen Frauen (nicht nur) in der Filmbranche zu kämpfen haben.
Ich habe mir den Kopf darüber zerbrochen, welchen Ansatz ich für einen solchen Text wählen sollte, habe Beispiele überlegt, anhand derer ich beschreiben könnte, wie ich mich immer wieder durchsetze – aber letztlich bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ich es eigentlich nicht sagen kann! Ich stelle mir selbst immer wieder die Frage, woher ich meine Kraft schöpfe, bin oft auch verzagt und denke ans Aufhören. Aber dann kommt von irgendwo wieder der Motor in Gang und ich habe eine Idee, an der ich mich freue, führe interessante Gespräche oder werde von jemandem eingeladen, über etwas nachzudenken, das mich wieder weiter bringt.
Und da fällt mir plötzlich meine Mutter ein, die Situation, in der ich aufgewachsen bin und ich denke, das ist es doch eigentlich! Das übt wohl den maßgeblichsten Einfluss auf meine Antriebskraft aus:
Als ich 1968 in Klagenfurt zur Welt kam, war meine Mutter 19 Jahre jung. Sie hatte bereits zwei Jahre im elterlichen Betrieb, einer Bäckerei, gearbeitet, als ich passierte. Die Bäckerei war traditionellerweise dem einzigen Sohn versprochen, egal ob der sich überhaupt für diesen Beruf interessierte. Den Wunsch meiner Mutter nach Ausbildung quittierte das Familienoberhaupt mit einem Schulterzucken, so blieb eigentlich nur die Flucht in eine Ehe. Doch es sollte anders kommen, denn mein Vater studierte zu dieser Zeit in Graz und verdiente kaum Geld, meine Mutter versorgte die kleine Familie. Vier Jahre später schloss mein Vater sein Studium ab und meine Eltern ließen sich scheiden. Seit ich mich erinnern kann, bin ich zur Selbständigkeit ermahnt worden. Schon in einer Zeit, in der ich als Volksschülerin als eine von nur zweien irritiert und stolz zugleich in Formularen bei „Erziehungsberechtigter“ die Mutter eintrug.
Meine Mutter hat mir vorgelebt, wie es sich als Frau ausgeht, zu arbeiten und ein Kind aufzuziehen. Mit 40 hat sie sich nach einem Fortbildungsstudium für die Selbständigkeit entschieden und ist bis heute erfolgreiche Geschäftsfrau in Klagenfurt. Aufhören kommt für sie trotz Überschreiten des Pensionsalters nicht in Frage, sie steht mit viel zu viel Freude in ihrer eleganten Boutique, umgeben von feinster Wäsche und aufregenden Dessous, und ich bin sehr stolz auf sie.
Hätte ich ein traditionelleres Familienbild vorgelebt bekommen, mein Motor wäre wahrscheinlich weniger stark ausgeprägt.
Als Frauen in der Branche beklagen wir oft das Fehlen von weiblichen Vorbildern, zu wenige sind dran geblieben und haben es geschafft, eine Karriere aufzubauen. Doch Vorbilder können versteckt sein, wo man bzw. frau sie nicht vermutet hätte. Und oft sind sie sogar viel näher als man glaubt.
Als Filmproduzentin darf ich Geschichten erzählen, Emotionen erzeugen, zum Denken anregen. und wenn das irgendwo bei einem Publikum ankommt, geht es gleich wieder ein Stück weiter. Ich sehe nicht Profitmaximierung, sondern die ideelle Anerkennung der eigenen Leistung als eine wesentliche Triebkraft fürs Weitermachen. Zuletzt habe ich das bei der Verleihung des österreichischen Filmpreises an We come as friends erlebt, als ich als eine der beiden Produzent/innen des Films, den Preis für den besten Dokumentarfilm in Empfang nehmen durfte. Ganz bewusst habe ich mich für die Anerkennung bedankt, die mich, trotz aller Schwierigkeiten, denen ich in meinem Beruf als Unternehmerin ausgesetzt bin, anspornt, weiterzumachen. Deshalb ist es für mich immer wieder einer der aufregendsten Momente, wenn bei einer Premiere die letzten Minuten des Films ablaufen, und ich fiebernd und mit immer stärkerem Herzklopfen die Reaktion des Publikums erwarte. Es ist nicht immer leicht, aber es zahlt sich aus!